Schul-bzw. Bildungsreform

Sehr geehrte Frau Pau,
ich bin Schüler der 13. Klasse und es steht ja nun bald das Abitur an (Zentralabitur). Meine Frage ist, ob sie das System des Zentralabiturs beibehalten wollen, und wie überhaupt ihre Vorschläge in Bezug auf Bildung aussehen? Meiner Meinung nach hätte man das Bildungssystem der ehemaligen DDR (alles Zentral) doch übernehmen können, da lief es doch alles prima. Warum müssen die Politiker (nicht ihrer Partei)alles neu erfinden, was man damals aber schon hatte?

Christian Merker, Brandenburg/Brandenburg an der Havel
15. September 2004

Lieber Christian Merker,

erst gab es die PISA-Studie, seit einigen Tagen gibt es eine OECD-Studie und jedes Mal bekommt das bundesdeutsche Bildungssystem denkbar schlechte Noten. Die schlimmste ist übrigens - salopp gesagt: „Wer arm dran ist, wird obendrein dumm!“

Vorgestern las ich, dass Politiker der SPD und der Grünen nun wieder eine grundlegende Reform fordern. Sie wollen das dreigliedrige Schulsystem abschaffen und sie plädieren dafür, dass alle Schülerinnen und Schüler gemeinsam bis Klasse 9 lernen.

Ich habe dazu für die Presse kurz und knapp erklärt: „Der Worte sind genug gewechselt - hoffentlich. Lasst uns Taten sehen - endlich.“ Anders die CDU/CSU: Sie läutet erwartungsgemäß Alarm, sie will eher noch früher „auslesen“ und „vermeintliche“ Eliten noch mehr fördern. Das finde ich falsch.

Nun sage ich aber auch nicht - wie Sie - dass im Bildungssystem der DDR „alles prima“ lief. Aber eines gab es nicht: Die frühzeitige und oft prägende Einteilung der Kinder und Jugendlichen in gute, mittelmäßige und schlechte.

Seit der PISA-Studie fand übrigens ein eifriger Polit-Tourismus gen Finnland statt. Das dortige Schulsystem schneidet im internationalen Vergleich sehr gut ab. Und natürlich erinnern wir „Ossis“ gern daran, dass es früher einen eifrigen Polit-Tourismus finnischer Bildungsexperten in die DDR gab.

Aber: Gute Entwicklung geht immer nach vorn, schlechte nach hinten los. Ich wäre zum Beispiel nicht dafür, die Länderkompetenz für die Bildung aufzugeben und stattdessen alles zentral zu regeln. Es muss verbindliche Rahmen geben, aber auch Spielräume für Regionales und Neues. Deshalb will die PDS auch, dass die Schulen - und das sind immer Pädagogen plus Schüler plus Eltern - mehr selbst bestimmen und entscheiden können.

Richtig ist: Das Schulsystem der Bundesrepublik-alt war schon 1989/90 höchst mangelhaft und umstritten. Dennoch wurde es den neuen Bundesländern als Erfolgsrezept aufgezwungen. Das war ein Dreifach-Fehler. Der Reformbedarf-West wurde verdrängt. Dem Osten wurde ein Bärendienst erwiesen. Und gesamtdeutsch wurden seither Millionen Kinder benachteiligt.

Mehr zur Bildungspolitik der PDS lässt sich übrigens unter http://sozialisten.de/politik/publikationen/zukunftswerkstatt/index.htm. Ich empfehle den Link, denn ich bin zwar gelernte Pädagogin und interessiert. Aber ich bin nicht mit allen Winkeln und Ecken der aktuellen Debatten vertraut.

Mit freundlichen Grüßen

Petra Pau
18. September 2004

 

 

18.9.2004
www.petra-pau.de

 

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