Mit jedem gegen Hartz IV?

Liebe Petra,
ist die so genannte Wahlalternative wirklich links? In Thüringen sagt die Sprecherin der Initiative, dass man weder links noch rechts sein wolle. Reicht die Ablehnung gegen das größte deutsche Armutsprogramm (ALG II genannt) aus, um aus dieser Positionierung links verortet zu werden? Wird PDS mit allen gesellschaftlichen Kräften gegen diese Politik von Rot-Grün kämpfen? Sind uns als PDS Bündnispartner egal, Hauptsache sie sind gegen ALG II? Wann und wo ist es ratsam, sich von nationalistischen und gegebenenfalls rassistischen Kräften deutlich zu distanzieren?

Bodo Ramelow, Thüringen
9. August 2004

Nein, aber ehrlich!

Lieber Bodo,

ich freue mich, dass du meinen „Treffpunkt“ gefunden hast. Das zeigt, du hast uns zwei im Bundestag nicht vergessen. Du suchst sogar danach, was wir treiben. Danke!

Nun zu deiner Frage: Ich habe als „PDS im Bundestag“ vor Wochen einen Brief an die „Wahlalternative“ geschickt. Ihm kannst Du entnehmen, wie ich deine Fragen beantworte:

„Ich verfolge mit Interesse alle Initiativen - sofern sie nicht vom rechten Rand kommen - die sich und die Betroffenen gegen die „Agenda 2010“ aktivieren. Es geht um Millionen und um viel mehr. Ich finde: „Hartz IV“ ist der Gegenentwurf zu einem demokratischen und sozialen Deutschland. Das habe ich mehrfach im Bundestag betont und das ist auf meinem Internet-Angebot unter www.petrapau.de nachlesbar.

Nun habe ich den Medien entnommen, was Ihre Grundkritik an der vorherrschenden Politik ist und was Ihre Alternativen sein könnten. Vieles davon teile ich. Das hat mich zu diesem Brief animiert und das nährt die Frage: Warum sollten wir nicht unsere - noch zu schwachen, aber wohl ambitionierten - Vorhaben koordinieren?

Seit 2 Jahren agieren Gesine Lötzsch und ich als „PDS im Bundestag“. Bei nahezu allen großen Entscheidungen sind wir allein auf weiter Flur. Das ist bei den „Hartz“-Gesetzen so. Das trifft auf die „Friedens-Frage“ zu. Und das stimmt fast immer, wenn es um die neuen Bundesländer geht.

Wir halten das aus und wir lassen uns auch nicht ermüden. Aber es geht nicht um uns, sondern um einen Politikwechsel, der 1998 versprochen und bis heute nicht eingelöst wurde. Deshalb biete ich eine konstruktive Zusammenarbeit an und freue mich auf Ihre Antwort.“

Bis heute habe ich keine Antwort erhalten. Das nährt natürlich Zweifel an der Redlichkeit und Verlässlichkeit der „Wahlalternative“. Das habe ich auch in der August-Ausgabe des PDS-Magazins „Disput“ geschrieben.

Überfällig finde ich allerdings, dass sich die „Hartz“-Betroffenen endlich wehren. Heute haben Zig-Tausende demonstriert, nicht nur im Osten. Seit drei Tagen läuft die Kaiser-Wilhelm-Debatte: „Dürfen die das überhaupt“, noch dazu montags?

Ich habe dazu aus dem Urlaub eine kurze Presseerklärung mit der Überschrift „Bürgerrechtler teilen sich“ verbreitet. Darin heißt es:

Erneut gehen montags Tausende auf die Straße, diesmal um gegen „Hartz IV“ zu protestieren. Das ist ihr gutes Recht. Sie sind betroffen.
Die „Agenda 2010“ entwurzelt den Sozialstaat. Sie verwirft Werte wie Gerechtigkeit und Solidarität. Sie schafft Armut, Angst und Protest.
An den Montags-Demos teilen sich zugleich die so genannten Bürgerrechtler - in ehemalige und wirkliche. Die einen rühmen sich, die anderen engagieren sich.

Übrigens: Am 23. August wird Wolfgang Ullmann beigesetzt. Ich werde hingehen. Überhaupt habe ich den Eindruck: Die Grünen mochten ihn nicht mehr, weil er seinen Idealen treu blieb.

Ich grüße dich

Petra Pau, wieder in Berlin,
9. August 2004

 

 

9.8.2004
www.petra-pau.de

 

Seitenanfang

 

 

 

Treffpunkt

 

Startseite