Bayerisches Versammlungsrecht

Statement von Petra Pau zum Bayerischen Versammlungsrecht aus Anlass der Pressekonferenz der Partei DIE LINKE. Landesverband Bayern in München am 10. 07. 2008

1. 

Die Union und die SPD haben die Föderalismusreform I als ein Jahrhundertwerk gefeiert. Dieses Selbstlob stinkt. Die so genannte Reform ist ein Stümperwerk, das mehr Probleme schafft, als es löst.
Ein Folgeproblem ist, dass die Bundesländer ermutigt wurden, landesspezifische Versammlungsgesetze zu verabschieden. Der Freistaat Bayern hat diesen Freibrief erwartungsgemäß dankend aufgegriffen.

2. 

Das Versammlungs- und Demonstrationsrecht ist ein Grundrecht. Es ist zugleich ein demokratisches Schutz- und Trutzrecht souveräner Bürgerinnen und Bürger, auch gegen den Staat.
So ist es im Grundgesetz angelegt, übrigens als unverrückbares Recht. Und so hat es das Bundesverfassungsgericht mehrfach bekräftigt, insbesondere im so genannten Brokdorf - Urteil.

3. 

Das heißt im Umkehrschluss: Jedes spezifische Versammlungsrecht regelt Abweichungen vom Grundgesetz. Das ist a priori brisant und das bedarf daher besonders haltbarer Begründungen.
Die Frage ist daher: Hat der Freistaat Bayern unumstößliche Gründe, das Grundrecht auf Versammlungsrecht einzuschränken? Meine Einschätzung ist: Er hat sie nicht. Er bedient vielmehr Willkür.

4. 

Das führt zu der Folgefrage: Geht es wirklich nur um Willkür oder steckt hinter alledem nicht doch System? Ich befürchte, es geht der CSU auch mit diesem Gesetz um einen Systemwechsel.
Wir erleben in der Bundespolitik einen systematischen Umbau des demokratischen Rechtsstaates in einen präventiven Sicherheitsstaat. Die Einschränkung des Versammlungsrechts gehört dazu.

5. 

Ein Kennzeichen dieses Umbaus ist: Alle Bürgerinnen und Bürger gelten grundsätzlich als potentielle Kriminelle oder Terroristen. Deshalb werden ihre Daten ja auch zunehmend gespeichert.
Das wiederum hat seine Entsprechung im Bayrischen Versammlungsrecht. Wer demonstriert wird registriert: die Verantwortlichen im Vorhinein, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Nachhinein.

6. 

Mit alledem wird das Grundgesetz auf den Kopf gestellt. Nicht die Bürgerinnen und Bürger sind die Souveräne. Der Staat erhebt sich über sie. Und der Freistaat Bayern ist dabei wieder Vorreiter.
Deshalb ist die breite Bewegung gegen das drohende Versammlungs-Beschränkungs-Gesetz keine Bayern-interne Veranstaltung. Es geht um die bundesweite Verfassung.
 

 

 

10.7.2008
www.petra-pau.de

 

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