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„Die DDR-Geschichte wird zu Recht erforscht“

Volksstimme-Interview mit Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau zur Aufarbeitung der Stasi-Vergangenheit:
Magdeburger Volksstimme, 2. Mai 2007

Der Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, hat in seinem Buch „Die Täter sind unter uns“ Verbindungen zwischen führenden Mitgliedern der Linkspartei. PDS und einstigen Stasi-Funktionären dokumentiert. Zu den genannten Politikern gehört Petra Pau, Bundestagsfraktion Die Linke. Mit ihr sprach Wolfgang Schulz.

Volksstimme: Während einer Buchpräsentation in Berlin hat Hubertus Knabe Ihnen vorgeworfen, die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen als „Geschichtsfälscherwerkstatt“ bezeichnet zu haben. Haben Sie das gesagt?

Petra Pau : Nein! Das habe ich nie getan. Und warum Hubertus Knabe den Eindruck erweckt hat, dass ich seine Einrichtung als „Geschichtsfälscherwerkstatt“ bezeichnet habe, das weiß ich nicht. Möglicherweise hat er sich meinen Protest und damit mehr Werbung für sein neuestes Buch erhofft. Das wäre allerdings unseriös. Aber das ist pure Spekulation. Richtig ist: Herr Knabe ist Historiker, er recherchiert, und er kommt zu Urteilen. Das ist sein Beruf und wohl auch seine Berufung. Aber richtig ist auch: Weder er noch andere Historiker haben ein Monopol auf Wahrheit.

Volksstimme: Wie ist Ihrer Meinung nach der Zusammenhang zwischen Ihnen und der Bezeichnung „Geschichtsfälscherwerkstatt“ für die Gedenkstätte entstanden?

Pau: Ich weiß wirklich nicht, warum mich Herr Knabe in Zusammenhang mit Äußerungen von anderen Menschen setzt, die ich nicht kenne und deren Aussagen ich auch nicht teile. Das Thema der Publikationen von Herrn Knabe ist der Repressionsapparat der DDR und der SED. Ich finde, es war schlimm genug. Und auch Herr Knabe könnte wissen, dass ich mich nachweislich seit langem dafür engagiere, dass die Opfer rehabilitiert werden. Deshalb hat die Fraktion Die Linke zum Thema Opferrente im Bundestag auch einen eigenen Antrag gestellt. Denn das, was die Große Koalition nunmehr vereinbart hat, bleibt weit hinter dem zurück, was die letzte Volkskammer der DDR parteiübergreifend beschlossen hatte. Und es war Kultursenator Thomas Flierl aus meiner Partei, unter dessen Federführung voriges Jahr endlich ein entsprechendes Gedenkstättenkonzept für Berlin entwickelt wurde.

Volksstimme: Wie sehen Sie die künftigen Aufgaben der Birthler-Behörde, also der Behörde der Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen?

Pau: Wir haben immer gesagt, uns geht es nicht um die Regelüberprüfung von Abgeordneten oder Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Die Regelüberprüfungen wurden dennoch verlängert und damit ein Generalverdacht. Das finde ich falsch. Deshalb drei Anmerkungen, Punkt 1: Der Ursprungsauftrag an die Behörde hieß vor allem : Sie soll die Strukturen und die Arbeitsweisen des Ministeriums für Scherheit erforschen und damit auch exemplarisch die Gefahren, die allen Geheimdienstes immanent sind. Das passiert bis heute in dieser Weise nicht. Das ist aber nötig und deshalb bleibt auch die Birthler-Behörde wichtig. Punkt2 : Die DDR-Geschichte wird zu Recht erforscht. Aber was ist eigentlich mit der Geschichte der Bundesrepublik alt? Die aktuelle Debatte um Filbinger und Oettinger zeigt erneut, dass es da erhebliche Defizite gibt. Insofern sollten wir, wenn wir über Geschichtsbearbeitung sprechen, nicht länger einäugig bleiben, sondern uns eine gemeinsame Brille aufsetzen.
Es geht um das Aufklären, auch ums Erinnern, aber fast noch wichtiger ist es: Was nicht zu rechtfertigen ist, an und in der DDR, darf sich auch nicht wiederholen, mit welchem Motiv auch immer. Und noch ein dritter Punkt : Spätestens seit den „Rosenholz-Dateien“ ist klar, dass es beim Thema MfS nicht nur um die DDR und schon gar nicht vorrangig um die Linkspartei. PDS geht. Ich heilige die Rosenholz-Dateien nicht. Sie gingen durch die Hände von mindestens drei Geheimdiensten, also drei Fragezeichen. Aber sie rücken auch die BRD-alt in den Focus und prompt herrscht politische Funkstille.
 

 

 

2.5.2007
www.petra-pau.de

 

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