Nach der Asbestsanierung kommt die Abrissbirne

Der Palast der Republik bleibt geschlossen / Zwischennutzung zu teuer

Berliner Zeitung, 22. 10. 2002

Ulrich Paul

Der frühere Palast der Republik am Schlossplatz soll bis zu seinem Abriss nicht als Veranstaltungsort genutzt werden. Dies sei nicht geplant, „eine Zwischennutzung würde enorme Kosten bedeuten“, sagte der Sprecher der Oberfinanzdirektion (OFD) Helmut John am Montag. Die Behörde verwaltet den Palast, der dem Bund gehört.

Ende November soll die Asbestbeseitigung abgeschlossen sein. Zwar sei es danach gesundheitlich kein Problem, das Haus zu betreten, sagte John. Um jedoch das Gebäude verkehrssicher zu machen sowie Strom und Heizung einzubauen, müssten „grob geschätzt rund zehn Millionen Euro“ investiert werden. Der Palast wurde in den vergangenen vier Jahren komplett entkernt, nur der Rohbau ist noch erhalten. „Es gibt keine Treppengeländer, man kann in tausend Löcher fallen“, sagte der Behördensprecher.

Nach dem Beschluss des Bundestags vom 4. Juli soll der Palast abgerissen werden. An seiner Stelle ist der Bau eines Gebäudes geplant, das an drei Seiten die historischen Fassaden des 1950 abgerissenen Stadtschlosses erhält. Der Bau könnte jedoch frühestens in zwei bis drei Jahren beginnen. Einen genauen Termin gibt es noch nicht. Damit der für rund 60 Millionen Euro vom Asbest befreite Palast während dieser Zeit nicht ungenutzt bleibt, hat die Expertenkommission Historische Mitte eine Zwischennutzung des Gebäudes empfohlen. Nach ihrer Auffassung ließe sich der Palast übergangsweise für kulturelle Veranstaltungen öffnen.

Mehrere Interessenten gibt es bereits: So möchten das freie Theater „Sophiensaele“ und die Staatsoper gerne im Palast aufspielen. Unterstützt werden die Pläne von Kultursenator Thomas Flierl (PDS). „Bis der Bau beginnt, kann der Schlossplatz dadurch belebt werden“, sagte Flierls Sprecher, Torsten Wöhlert. Eine Zwischennutzung gebe darüber hinaus vielen Menschen „die Möglichkeit, Abschied von dem Gebäude zu nehmen“.

Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) gibt solchen Ideen keine Chance - wegen der Kosten für die Herrichtung des Palastes. Um die Auflagen zu erfüllen, müssten auch Fluchtwege und behindertengerechte Zugänge geschaffen werden, sagte Strieders Sprecherin Petra Reetz. Dies werde zu teuer.

Die 60 Millionen Euro für die Asbestbeseitigung im Palast sind indes kein hinausgeworfenes Geld. Wie das Bauministerium mitteilte, hätte der Asbest in jedem Fall beseitigt werden müssen - egal, ob das Gebäude stehen bleibt, oder ob es abgerissen werden muss. Der morbide Charme des ausgehöhlten DDR-Prunkgebäudes lockt viele Veranstalter an, berichtete OFD-Sprecher John: „Ich kriege fast jeden Tag fünf Anrufe von Interessenten.“
 

 

 

22.10.2002
www.petra-pau.de

 

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