Mehr Demokratie wagen

Bundestag, 14. Juni 2018 Debatte zum Gesetzentwurf der LINKEN „zur Stärkung der direkten Demokratie im Grundgesetz“ (Drucksache 19/16)
Rede von Petra Pau

2007 hatte ich an den „Hannah-Arendt-Tagen“ in Hannover teilgenommen.
Es ging um die Krise der repräsentativen Demokratie.

Ich warnte damals:
Demokratieverdruss spielt Rechtspopulisten in die Hände.

Und ich habe gesagt:
Gegen Demokratieverdrossenheit hilft letztlich nur mehr Demokratie, mehr direkte Demokratie, also Volksabstimmungen auch auf Bundesebene.

Darauf zielt der aktuelle Antrag der Fraktion DIE LINKE. Ich werbe für ihn.

Nun haben wir über dieses Thema hier schon öfter debattiert.
Gleichwohl ist nicht immer klar, welche Positionen die einzelnen Parteien dazu grundsätzlich einnehmen.

Ich will dies an zwei Beispielen illustrieren.

2004 lag der Entwurf einer Verfassung für die Europäische Union vor.
Dazu gab es Volksabstimmungen: in Frankreich, in den Niederlanden, in Deutschland nicht.

Die Linke hatte das gefordert und erhielt umgehend prominente Absagen.
Außenminister Joseph Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) meinte, er lasse sich sein schönes Werk nicht vom Volk zerreden.
Und Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) gab forsch kund, das Grundgesetz verbiete Volksabstimmungen.

Das stimmte natürlich nicht, wie ein Blick in Artikel 20 GG zeigt:
Zitat: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.
Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen (...) ausgeübt.“

Volksabstimmungen sind also im Grundgesetz angelegt.
DIE LINKE will, dass sie vom Bundestag frei geschaltet werden.

Nun zur CDU/CSU, die ja Volksabstimmungen bislang ablehnt.
Aber nicht durchgängig: Im Land Berlin hatten SPD und LINKE Volksabstimmungen erleichtert, gegen harsche Proteste der CDU.

Doch kaum waren erleichterte Volksabstimmungen möglich, schon flitzen Mitglieder der Berliner CDU auf die Straßen, um Unterschriften für Volksabstimmungen zu sammeln.

Offenbar hatte die Lust an direkter Demokratie den Frust dagegen überrannt.
So einen Lustgewinn wünsche ich auch ihnen, Herr Kauder, und ihrer Fraktion.

Schließlich: Die rechtlichen Details werden wir in Fachausschüssen beraten.
Grundsätzlich wollen wir im Sinne von Willi Brandt mehr Demokratie wagen, übrigens auch für Jüngere und für langjährige Mitbürger ohne deutschen Pass.
Um all das geht es - wagen sie mit!
 
 

[als Video]

 

 

14.6.2018
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