Mehr Informationsfreiheit - neue Demokratie

Bundestag, 19. April 2013, Debatte zum Antrag „Informationsfreiheit weiter entwicklen“ und zum Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 5 - Informationszugangsgrundrecht) der Grünen
Rede von Petra Pau

1. Landläufig wird er als Datenschutz-Beauftragter bezeichnet. Korrekt heißt es „Bundesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit“. Zu Recht, denn Datenschutz und Informationsfreiheit sind Zwillinge, wenn es um Bürgerrechte und Demokratie, um souveräne Bürgerinnen und Bürger geht.

Der Datenschutz soll verhindern, dass Bürgerinnen und Bürger gläsern und damit beherrschbar werden. Die Informationsfreiheit soll garantieren, dass Bürgerinnen und Bürger mündig selbst entscheiden können.

Kurz gesagt:
Der Staat soll über Bürgerinnen und Bürger möglichst wenig wissen.
Bürgerinnen und Bürger sollen über den Staat möglichst viel wissen.
Es geht heute also um ein Kernthema einer demokratischen Gesellschaft.
Damit rennen die Antragsteller bei der LINKEN offene Tore ein.
 

2. Das geltende Informations-Freiheitsgesetz wurde 2005 beschlossen. Deutschland war damit im internationalen Vergleich spät dran, sehr spät.
Die Initiative ging damals von der regierenden SPD und von Bündnis 90/Die Grünen aus. Ich hatte das als Linke begrüßt.

Zugleich wies ich seinerzeit auf ein rot-grünes Dilemma hin. Ich sagte nämlich:
Machen sie das Gesetz trotz ihres Bundesinnenministers Schily, dann kann es gut werden. Machen sie es mit Otto Schily, dann wird es schlecht.
Es wurde mit ihm gemacht. Von der SPD erntete ich dafür den Zwischenruf: „Warten sie doch erst mal die Praxis ab!“

Das habe ich und siehe da: Die Praxis gab und gibt mir Recht!
Ebenso alle Experten, auf die sich die Grünen heute berufen.
Nun gebe ich den Rat an die SPD zurück: werden sie praxistauglich.
Emanzipieren sie sich von Geheimhaltungsgelüsten der CDU/CSU.
 

3. Die beiden Hauptmängel des Informations-Freiheits-Gesetzes schlagen durch:

Erstens: Es gibt zu viele Ausnahmen, nach denen Behörden keine Auskunft erteilen müssen und mithin Bürgerinnen und Bürger unmündig halten können.
Zweitens: Auskunftsrechte werden mit hohen Gebühren belastet. Die einen können sie sich leisten, andere nicht. So entstehen Bürgerrechte 1. und 2. Klasse.
Als Linke sage ich: Beide Defizite müssen endlich behoben werden.

4. Längst kommt eine dritte Herausforderung hinzu. Das Internet bietet vordem nie gekannte Möglichkeiten für die Informationsfreiheit. Dem wurde weder das Gesetz 2005 gerecht, noch wird es die Praxis heute. Dieses Manko gilt übrigens für beide Seiten der Medaille. Weder das Recht auf Datenschutz, noch das auf Informationsfreiheit sind hierzulande im Internet-Zeitalter angekommen.
Sie sind antiquiert.
 

5. Überhaupt muss die Demokratie im 21. Jahrhundert neu fundiert werden.
Wir sollten diese vielfältige Herkules-Aufgabe endlich annehmen.
Allerdings glaube ich nicht, dass ein simpler Verweis im Grundgesetz etwas bewirkt.
Diesem Antrag wird DIE LINKE deshalb nicht zustimmen.
Gleichwohl brauchen wir endlich ein modernes Gesetz. DIE LINKE wird daher den Sachauftrag für mehr Informationsfreiheit mit Ja bekräftigen.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

[als Video]

 

 

19.4.2013
www.petra-pau.de

 

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