Aktuelle Notiz: DIE LINKE muss klagen

von Petra Pau
Allgäu, 26. Juli 2010

1. 

Schon einmal habe ich eine „Aktuelle Notiz“ zum Thema „der Verfassungsschutz und DIE LINKE“ geschrieben. Das war im Juni 2007. Die wesentlichen Anmerkungen sind noch immer aktuell. Ebenso die Tatsache, dass auch ich weiterhin vom Verfassungsschutz „beobachtet6#147; werde, als Linke und als Vize-Präsidentin des Bundestages.

2. 

Das Bundesverwaltungsgericht hat nun am 21. Juli 2010 geurteilt: zu Recht. Es hat damit eine Klage von Bodo Ramelow beschieden und DIE LINKE insgesamt unter einen verfassungsfeindlichen Generalverdacht gestellt. Das Urteil ist „nicht nur rechtswidrig, sondern dumm“, kommentierte danach Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung.

3. 

Anders Ex-Präsidenten-Kandidat und Ex-Bürgerrechtler Joachim Gauck: Er findet es schlecht, dass es DIE LINKE gibt, und gut, was die Geheimdienste tun. Als einen Grund für das Böse in der Linken hatte der Anwalt des Verfassungsschutzes vor Gericht übrigens angeführt, dass DIE LINKE Gauck nicht zum Bundes-Präsidenten gewählt habe. Bingo!

4. 

Kein Deut besser sind andere Begründungen. DIE LINKE wollen den Kapitalismus überwinden. Ja und? Das Grundgesetz schützt vieles, aber nicht den Kapitalismus. DIE LINKE wolle einen Systemwechsel. Ja nun? SPD und Grüne haben Solidar-„Systeme“ geschleift. Und die FDP geht dabei noch radikaler ans Werk, aktuell beim Gesundheits-„System“.

5. 

DIE LINKE wolle Eigentümer enteignen, ist ein weiterer Vorwurf. Ja, geht's noch dümmer? Die Bundesregierung hat gerade Millionen Steuerzahler geschröpft, um mit Milliarden Euro Banken und Hasardeure zu retten. Das Grundgesetz schreibt anderes vor: „Eigentum verpflichtet“ zum Wohl der Allgemeinheit beizutragen, anderenfalls ...

6. 

SPD, Grüne, CDU und CSU sind in den letzten Jahren mit zahlreichen Vorhaben vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert - weil ihre Gesetze verfassungswidrig waren. Damit haben sie aktenkundig bewiesen, dass sie mit dem Grundgesetz über Kreuz sind. Alle diese Parteien stehen nicht unter Beobachtung des „Verfassungsschutzes“.

7. 

Wobei: Letzteres weiß man nicht. Geheimdienste haben schon immer ein Eigenleben geführt. Und sie haben sich noch nie in die Karten gucken lassen. Kein Parlament kann Geheimdienste wirklich kontrollieren. Umso schlimmer ist das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes. Denn es besagt letztlich: Geheimdienste dürfen Parlamente observieren. Verkehrte Welt!

8. 

So gesehen hat das Bundesverwaltungsgericht ein Urteil über sich selbst gefällt. Es ist nicht nur „rechtswidrig“ und „dumm“, wie Heribert Prantl schreibt. Der „Spruch“ der Richter widerspricht dem Geist der „freiheitlich demokratischen Grundordnung“. Deshalb ist es grundsätzlich wichtig, dass DIE LINKE dagegen beim Bundesverfassungsgericht klagt.

9. 

Womit ich wieder bei meiner „Aktuellen Notiz“ von 2007 bin. Aber zugleich auch bei der aktuellen Programm-Debatte der Partei DIE LINKE. Im vorliegenden Entwurf heißt es: „Wir lehnen den Ausbau des Überwachungsstaates ab und fordern die strikte Trennung und demokratische Kontrolle von Polizei, Bundeswehr und Geheimdiensten.“

10. 

Mit diesem Passus suggeriert DIE LINKE, Geheimdienste könnten demokratisch kontrolliert werden. Ich kenne Abgeordnete, die das wirklich glauben. Ich gehöre nicht dazu. Nicht, weil ich selbst überwacht werde, sondern weil es jeglicher Logik widerspricht. Demokratie braucht Transparenz. Geheimdienste aber schaffen Finsternis.
 

 

 

26.7.2010
www.petra-pau.de

 

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