ELENA ist ein Stiefkind des Schicksals

Bundestag, 4. März 2010
Rede von Petra Pau

1. 

Ich beginne mit einem kleinen historischen Exkurs.
 
•  Als geistiger Vater von ELENA gilt ein gewisser Peter Hartz. Er nahm kein rühmliches Ende.
•  Dann wurde ELENA ein Ziehkind von Kanzler Gerhard Schröder. Auch das war kein gutes Omen.
•  Später erhielt Interims-Minister Michael Glos (CSU) für ELENA den zweifelhaften „BigBrotherAward“.
 
Kurzum: Mit ELENA ist kein Staat zumachen.
Wir sollten ELENA endlich in den Ruhestand schicken!

2. 

ELENA ist ein elektronisches System, mit dem persönliche Daten unbekannter Menge von Zig-Millionen Arbeitsnehmerinnen und Arbeitnehmern zentral und auf Vorrat erfasst werden sollen.
 
Ähnlichkeiten zur Vorratsspeicherung aller Telekommunikationsdaten sind nicht zufällig. Das Bundesverfassungsgericht hat am 3. März 2010 geurteilt: Unbestimmte Vorratsspeicherungen sind verfassungswidrig.
 
DIE LINKE hält auch die ausufernde Speicherung von Arbeitsnehmer-Daten für verfassungswidrig. Ich wünsche ELENA lieber einen schnellen Abgesang im Bundestag als einen üblen Nachruf in „Karlsruhe“.

3. 

ELENA führte lange ein Schattendasein. Bis offenbar wurde, dass nicht nur Gehalts- und Steuerdaten zentral gespeichert werden sollen, sondern auch Daten über Krankheiten, Streiks, Kündigungen und anderes mehr.
 
Das war vor drei Monaten. Die Empörung schwoll an. Flugs schwor die Regierung Besserung. Vor 14 Tagen erhielt ich eine schriftliche Antwort aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
 
Ich wollte wissen, welche Daten denn nun wirklich erhoben werden. Die Antwort ist nichtssagend. Sie ist eine Missachtung des Bundestages. Sie ist eine Irreführung der Bevölkerung. Auch das spricht Bände.

4. 

Nun hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beantragt, das Vorhaben ELENA auszusetzen und die vorgesehene Datenübermittlung strikt zu begrenzen. Dem wird die Fraktion DIE LINKE zustimmen.
 
Aber unsere Forderung geht weiter. Wir wollen ein Moratorium für alle elektronischen Großprojekte, die datenschutzrelevant sind. Wir wollen, dass die Regierung auf den Boden des Grundgesetzes zurückkehrt. <
 
So ein Moratorium müsste ELENA betreffen, ebenso das SWIFT-Bankdaten-Abkommen, auch die elektronische Gesundheitskarte und die Passagierdaten, die auf Nimmerwiedersehen in die USA verschwinden.

5. 

Zum Schluss eine Rechnung: ELENA soll einen finanziellen Nutzen von netto 85 Millionen Euro erbringen. Dafür sollen Daten von 40 Millionen Bürgerinnen und Bürger erfasst und auf Vorrat gespeichert werden.
 
Daten, die sich fortan jedweder Kontrolle der Beschäftigten entziehen. Daten, die einmal angehäuft große Begehrlichkeiten wecken werden. Daten, die laut Grundgesetz einen besonderen Schutz genießen.
 
Noch mal: Für lumpige zwei Euro Gewinn je Datensatz sollen verbriefte Bürgerrechte von Millionen aufs Spiel gesetzt werden. Wir sehen: ELENA ist ein Stiefkind des Schicksals. Lassen wir es endlich ruh'n.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

[als Video bei YouTube]

 

 

4.3.2010
www.petra-pau.de

 

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