1. Es gab eine Zeit, da umspannte der so genannte Real-Sozialismus ein Drittel des Erdballs. Es war auch die Zeit des Kalten Krieges. Vor 20 Jahren brach das sowjetisch dominierte System zusammen. Zu Recht.
2. In Berlin gab es vorige Woche, am 9. November, dazu eine große Feier. Es war eine europäische Feier. Repräsentanten aller EU-Staaten, aber auch der USA und Russlands nahmen daran teil. Das war wichtig.
3. In Berlin fiel die Grenze 1989 zwischen der bis dahin gespaltenen Ost-West-Welt endgültig. Aber Berlin war nur ein faktisch-symbolischer Endpunkt für einen Prozess, der lange vordem währte und gärte.
4. Es waren auch nicht auserwählte Staatsmänner jener Zeit, die die Wende bewirkten. Es waren vor allem mutige Bürgerinnen und Bürger in den Ost-Ländern, die engagiert, beherzt und erfolgreich aufbegehrten.
5. Bei allen deutschen Feierlichkeiten haben Bundes-Kanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Horst Köhler diese historische Wahrheit und internationale Erfahrung gewürdigt. Ich will es hier ausdrücklich auch tun.
6. Das führt mich wiederum zu dem Schluss, dass Bürgerinnen und Bürger auch künftig mehr Mitsprache gebührt. Der bekannte deutsche Sozialdemokrat Willi Brandt fasste das dereinst in den Slogan: Mehr Demokratie wagen!
7. Mehr Demokratie war eine wesentliche Triebkraft vieler gegen das stalinistische System: erst in Jugoslawien, dann in Ungarn, auch in der DDR, in der CSSR, in Polen und so weiter und so kräftiger.
8. Heute sind die meisten ost-europäischen Staaten gemeinsam mit west-europäischen Staaten in der EU vereinigt. Das ist ein historischer Fortschritt, auch weil das verheerende Kriege gegeneinander ausschließt.
9. Aber der Anspruch mehr Demokratie wagen bleibt dennoch eine gemeinsame Herausforderung. Die EU hat große Demokratie-Reserven. Gerade engagierte Ost-Europäer könnten darauf hinweisen.
10. Und noch einen Gedanken möchte ich beisteuern. Die aktuelle Weltfinanz- und Wirtschaftskrise ist noch nicht ausgestanden und der nächsten wurde noch nicht vorgebeugt. Alle Länder sind davon zutiefst betroffen.
11. Es könnte ein Anliegen der osteuropäischen Staaten sein, gemeinsam die Europäische Union weiterzuentwickeln, so dass sie krisenresistenter wird, im Interesse unserer Länder, vor allem aber im Sinne der Bürgerinnen und Bürger.
12. Wir wissen aus der Geschichte, wie das nicht geht. Umso mehr könnten wir unsere Erfahrungen ins Gute wenden. Eine EU, die weiter trägt, muss sozial und weltoffen sein und eine EU aller Bürgerinnen und Bürger werden.
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