Unsere Bedenken wurden vermehrt, deshalb Nein zum Zensus

Bundestag, 24. April 2009, „Zensus“-Gesetz
Rede von Petra Pau

(zu Protokoll gegeben)

1. 

Wir beraten heute abschließend, was vor fünf Wochen schon einmal im Plenum debattiert wurde: ein Gesetz zur Anordnung des Zensus 2011. Für jene, denen die schlichte Sprache des Bundestages wie ein Brief mit sieben Siegeln erscheint, so viel. Es sollen Daten erhoben werden, für künftige Bewertungen und Planungen. Nicht so massiv und nicht so direkt, wie bei einer allgemeinen Volkszählung, aber immerhin Daten.

2. 

In der Auftaktdebatte hatte ich gesagt: „Aber auch eine kleine Volkszählung will bürgerrechtlich begründet sein. Oder anders gesagt: Der erwartete Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger muss erkenntlich weit größer sein, als das befürchtete Risiko für ihre verbrieften Rechte. Und genau da bestehen unausgeräumte Zweifel.“ So weit meine Einschätzung am 19. März.

3. 

Heute stehen wir also vor der Frage, ob diese Zweifel ausgeräumt wurden und ob die Relation zwischen Datenerfassung und Persönlichkeitsrechten vertretbar ist. Nach unserem Ermessen ist die Antwort Nein. Demzufolge wird die Fraktion DIE LINKE folglich das „Zensus 2011“-Gesetz auch ablehnen. Wir bleiben stattdessen bei unserer Forderung nach einem Moratorium für alle datenschutzrechtlichen Großvorhaben.

4. 

Ein persönlicher Gedanke: Erfasst werden soll auch die Religionszugehörigkeit der Bürgerinnen und Bürger. Das entspricht zwar nicht der EU-Empfehlung. Aber die Kirchen haben darauf gedrängt und die CDU/CSU hat dafür gekämpft. Ich hingegen frage sie: Angenommen, ich wäre religiös. Dann ginge das mich etwas an und Gott, sonst niemanden, schon gar nicht den Staat und erst recht nicht per Gesetz.

5. 

Es gab eine Expertenanhörung. Aus der Fülle der Bedenken möchte ich nur eine Mahnung aufgreifen. Sie lautete: Die Planungssicherheit wird nach dem Zensus mitnichten so gut sein, wie angenommen. Dafür werden die Zensuskosten weit höher liegen, als ausgewiesen. Die Kosten aber betreffen vor allem die Länder. Und dabei geht es immerhin um 500 Millionen Euro und mehr. Für bessere Bildung wären die klüger angelegt.

6. 

Die Liste dieser Fragwürdigkeiten ließe sich fortsetzen. Sie betreffen Inhalte des Zensus 2011, sie betreffen das Verfahren der Erfassung und sie betreffen den Schutz der erhobenen Daten vor Missbrauch. Deshalb abschließend meine Bewertung: Ein besseres Gesetz wäre möglich gewesen. Die Regierungskoalitionen haben es verhindert. DIE LINKE war offen. Nun aber zwingen sie uns zum Nein.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

24.4.2009
www.petra-pau.de

 

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