Bürgerrechte und Demokratie bleiben meine Themen
Faktions-Klausur DIE LINKE, Kassel, 15. Januar 2008
Erklärung von Petra Pau
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In wenigen Wochen bin ich zwei Jahre als Vize-Präsidentin des Bundestages im Amt. Es ist ein hohes Amt, aber kein unpolitisches. Ich hatte vor meiner Wahl gesagt: Ich kandidiere nur, wenn ich als Innenpolitikerin weiter aktiv sein kann. Das war damals meine Voraussetzung und das habe ich seither praktiziert.
Über die inneren Aufgaben einer Vize-Präsidentin im Bundestag will ich jetzt nicht weiter reden. Ich will mich dazu lediglich stellvertretend für Weitere bei Dagmar Enkelmann, Ullrich Maurer und Bodo Ramelow bedanken. Denn ohne eine gute und abgestimmte Zusammenarbeit, z. B. im Ältestenrat, wäre es schwieriger geworden.
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Neu für mich waren die Aufgaben, die ich quasi im diplomatischen Dienst wahr nahm. Denn als Vize-Präsidentin vertrete ich den Bundestag und damit auch die Bundesrepublik Deutschland, ob in der Ukraine, in China, in Bulgarien, in Japan, oder auch in Gesprächen mit Vertreterinnen und Vertretern der UNO oder der EU - um nur einige Beispiele zu nennen.
Neu für mich war auch, dass weitere Verbände und Organisationen an mich als Vize-Präsidenten herantraten, wohl wissend, dass sie mich immer auch als LINKE sprechen. Dazu gehörten die Hannah-Arendt-Stiftung, wo ich über mehr Demokratie referierte, oder das American- Jewish- Comitee, das mich um meine Sicht zum Antisemitismus bat.
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Zugleich konnte ich als Vizepräsidentin außerparlamentarische Initiativen bestärken. Ich war Schirmfrau der Jahrestagung des Europäischen Netzwerkes gegen Rassismus und beim Avitall-Cup. Ich sprach als Vizepräsidentin beim Tag der Demokraten in Halbe und beim Aufstand gegen Nazis in Kleinow, um wieder jeweils nur zwei Beispiele zu nennen.
Offiziell empfing ich die Bürgerinitiativen gegen das Bombodrom aus der Kyritz-Rupiner Heide, ebenso ein Bildungswerk evangelischer Pfarrer aus Bayern. Ich eröffnete den Sozialisten-Kongress in Stuttgart und ich verabschiedete die Absolventen des Touro-Collegs in Berlin. Hinzu kamen Publikationen in Magazinen, die ich bis dato nicht mal kannte.
Kurzum: Seit ich Vize-Präsidentin bin, konnte ich mehr und neue Milieus erschließen und zumindest für DIE LINKE interessieren. Das werde ich auch weiterhin gerne tun. Und auch aus dieser Erfahrung heraus will ich Euch ermutigen: Es war gut, dass wir unseren Fraktions-Anspruch auf einen Bundestags-Vize-Sitz nicht aus Protest verfallen ließen.
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Das Ganze hat aber auch etwas mit Belastung zu tun. Ich würde lügen, würde ich das leugnen. Ich übernahm als Vize-Präsidentin zusätzliche Aufgaben. Zusätzliche Aufgaben zu meiner Arbeit als Abgeordnete, als AK-Leiterin und als Mitglied im so genannten BND-Ausschuss. Ich habe das damals an- und aufgenommen. Nun sind wir zwei Jahre weiter.
Vor einem halben Jahr habe ich meinen Sitz im Untersuchungs-Ausschuss abgegeben. Nun will ich meine Verantwortung als Leiterin des Arbeitskreises Demokratie und Bürgerrechte in andere Hände und Köpfe geben: den Vorsitz, nicht die Themen. Auch in der Partei bleibe ich eine Sprecherin der gleichnamigen Bundesarbeitsgemeinschaft.
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In der Gesellschaft gewinnen diese Themen wieder an Bedeutung. Wir haben es rund um den G8-Gipfel erlebt. Und wir hatten im September in Berlin die größte Bürgerrechts-Demonstration seit 17 Jahren. Und wie andere auch, gehöre ich zu der Klage-Gemeinschaft der 30.000 beim Bundesverfassungsgericht gegen die Datenvorrats-Speicherung.
Ich werde diese Klage als Vizepräsidentin offensiv begleiten. Denn man darf die Präsenz dazu nicht allein dem kleinen libertären Flügel der FDP überlassen und auch nicht den vergesslichen Grünen, die sich als Bürgerrechts-Partei neu berappeln wollen. Das erwarten von uns übrigens selbst Verfassungsrichter, die bürgerrechtlich eingestellt sind.
Auch der Kampf gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus sowie der Streit für mehr Demokratie und Bürgerrechte bleiben meine Schwerpunkte. Das ist ein Versprechen aus meinem Wahlkampf. Das war die Voraussetzung für die Vize-Kandidatur. Und diese Anliegen werde ich als Vize-Präsidentin weiter öffentlich verstärken.
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Deshalb bleibe ich selbstverständlich auch im Innenausschuss des Bundestages. Dafür habe ich mich 1998 entschieden, als ich den Wahlkreis Berlin Mitte-Prenzlauer Berg gegen Wolfgang Thierse gewonnen hatte. Im Innenausschuss habe ich auch gearbeitet, als ich 2002 bis 2005 mit Gesine Lötzsch allein die Linke im Bundestag vertreten habe.
Dazu gehören auch Themen, die wir nicht unterschätzen sollten. Ich blieb gestern in Berlin, weil es im Innenausschuss eine öffentliche Anhörung zur Reform der Bundespolizei gab. Dabei geht es um die künftige Sicherheitsarchitektur, die Innenminister Schäuble vorschwebt, und zugleich um 40.000 Beschäftigte, die davon sozial betroffen sind.
Ich weiß selbst aus meinem Arbeitskreis, dass manche diese Klientel für nicht relevant halten. Ich weiß aber auch aus vielen Wahlanalysen, dass genau dort im Osten ein linkes Potential ist, das man künftig auch im Westen nicht einfach rechts liegen lassen sollte. Das betrifft übrigens Beamtinnen und Beamte generell, denn auch sie sind Arbeitnehmer.
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Übrigens: Ich habe mich selbst nie als Innenexpertin bezeichnet. Die eigentlichen Experten sind ohnehin zumeist unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Aber die Medien bezeichnen mich nach zehn Jahren Arbeit als Innenexpertin der Linken. Das ist ein Pfund für die Fraktion. Es wäre unpolitisch, wenn ich dieses mediale Gehör nun aufgeben würde.
Bis auf weiteres werde ich auch meine Aufgaben im Petitionsausschuss wahrnehmen. Diese Arbeit ist zwar zuweilen sehr aufwendig, aber sie ist praktische Demokratie und schon deshalb sehr wichtig. Das sage ich übrigens ausdrücklich auch mit Blick auf Kersten Neumann, die für unsere Fraktion ja den Petitions-Ausschuss obendrein leitet.
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Zum Verfahren schlage ich vor: Der AK V einigt sich nächste Woche auf seine Arbeitsplanung 2008 und verabredet auch Verantwortlichkeiten. Gelingt das schnell, so kann die Fraktion im Februar wählen. Wir sollten das ohne großes Aufhebens tun. Nichts wäre falscher, als Personal-Schlagzeilen ohne Nährwert zu streuen.
Als scheidende AK-Leiterin danke ich allen, die mir auch dabei verlässlich geholfen haben. Sonja Kiesbauer gehört dazu, Albrecht Maurer und Gert Wiegel. Ich würde gern Weitere nennen, aus dem AK und aus der Fraktion. Aber bitte nicht gram sein. Denn das soll schließlich keine Abschiedsrede sein, sondern im Gegenteil: eine Ermutigung für alle.
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