Aktuelle Notiz: Bezüge für Spitzen-Manager
von Petra Pau
Berlin, 11. Dezember 2007
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CDU/CSU und die SPD haben ein neues Thema entdeckt: Die Spitzenbezüge deutscher Manager. Kanzlerin Angela Merkel geißelte sie auf einem CDU-Parteitag als unmoralisch. Und die SPD hat eigens einen Arbeitskreis gebildet. Er soll Vorschläge unterbreiten, wie die überzogenen Bezüge auf ein vertretbares Maß reduziert werden könnten.
Angela Merkel kritisierte vor allem Versager. Beschäftigte entlassen und zugleich Millionen kassieren, das gehe nicht. Ich dachte, unsere Kanzlerin habe die Ökonomie des Kapitalismus besser verstanden. Wer Massen entlässt, senkt Kosten. Wer Kosten senkt, hebt den Gewinn. Das wiederum motiviert den Aktienkurs. Wem das gelingt, ist ein Guter.
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Trotzdem ein paar Zahlen: Die Spitzen-Bezüge deutscher Spitzen-Manager schwanken zwischen sechs Millionen und 30 Millionen Euro jährlich. Dafür muss ein durchschnittlich entlohnter Facharbeiter bis zu 500 Jahre arbeiten. Das schafft er nie. Entweder wird er vordem entlassen oder er entzieht sich seinem nahenden Jackpot durch natürlichen Tod.
2 ½ Millionen Beschäftigte leben - trotz Arbeit - in Armut. Zugleich nimmt die Zahl der Einkommens-Millionäre zu. Derzeit sollen es 800.000 Spitzen-Verdiener sein. Offizielle Zahlen gibt es nicht, weil die Reichtums-Statistik bereits unter Kanzler Kohl ausgesetzt und durch Rot-Grün nicht wieder aufgenommen wurde. So oder so: Es ist etwas faul...
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Es klafft also eine Gerechtigkeits-Lücke. Die haben nun plötzlich auch die Union und die SPD entdeckt. Sie haben sie fürs eigene Wahlkampf-Arsenal adoptiert. Nicht ganz ohne Nach-Hilfe. Denn die Fraktion DIE LINKE hatte diese Diskrepanz erst jüngst im Bundestag aufgerufen und dagegen einen Vorschlag unterbreitet, einen konkreten Antrag.
Wir wollten, dass die Spitzen-Bezüge der Manager künftig nicht höher sein dürfen, als das Zwanzigfache der Mindest-Löhne ihrer Beschäftigten. Das ist keine sozialistische Idee, sondern einem Konzern-Credo in den USA entlehnt. Die SPD sprach dagegen. Die Union sprach dagegen. Die Grünen ebenso und die FDP sowieso. Linker Populismus, hieß es unisono.
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Immerhin: Die Spitzen-Bezüge sind Spitzen-Meldungen in den Medien. Von Moral ist die Rede, von Maßlosigkeit, von Unverständnis. Zeitungen empören sich und ihre Leserschaft. Magazine veröffentlichen Gehalts-Listen. Die SPD verlangt mehr Transparenz bei Manager-Bezügen und die Union appelliert an die Aufsichtsräte und deren Vernunft.
Bei Hartz IV-Betroffenen machten dieselben Parteien übrigens nicht so viel Federlesen. Deren Konten werden so lange durchleuchtet, bis klar ist, dass sie keinen überflüssigen Cent verbergen. Das habe ich immer abgelehnt. Ich bin aus denselben Gründen dagegen, diese Schnüffelei dadurch zu rechtfertigen, in dem sie nun auch für Manager gefordert wird.
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Die aktuelle Debatte über Manager-Bezüge birgt ein anderes Risiko. Sie klingt so ehrlich und so schön volkstümlich. Aber sie lenkt vom eigentlichen Problem ab. Und das sind die Bezüge im unteren Drittel der Gesellschaft. Hätten alle Bürgerinnen und Bürger ein auskömmliches Einkommen, dann wären die Auswüchse ganz Oben nämlich zweitrangig.
Die eigentlich nötige Debatte bleibt die über gesetzliche Mindestlöhne, bleibt die über die Anhebung des Arbeitslosen- oder des Kinder-Geldes, bleibt die über die Ost-West-Angleichung von Gehältern, Renten und Versicherungen, bleibt die über gute Bildung für alle, bleibt die über Chancen und Würde - für Junge und für Ältere. Das bleibt das Maß!
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