So verkommt Demokratie zum Geschäft!

Bundestag, 16. Februar 2006, „Bürgerfreundliche Kostenregelung für das Informationsfreiheitsgesetz“ und „Der Informationsfreiheit durch transparente Gebühren zum Durchbruch verhelfen“
Rede von Petra Pau

(zu Protokoll gegeben)

1. 

Das Informations-Freiheitsgesetz wurde voriges Jahr, am 3. Mai, hier im Bundestag beschlossen. Ich habe das damals für die PDS grundsätzlich befürwortet, weil es einen Paradigmenwechsel begründet.
Bürgerinnen und Bürger erhalten ein Recht auf Akteneinsicht. Der Staat muss dem nachkommen. Dieses demokratische Prinzip ist das Gegenteil vom herkömmlichen Amtgeheimnis - ein überfälliger Fortschritt.

2. 

Es ist auch ein Fortschritt, weil mehr Transparenz immer auch ein Mittel gegen mehr Korruption ist. Das Informations-Freiheitsgesetz hat also eine emanzipatorische Seite und es hat einen wirtschaftlichen Aspekt.
Deshalb werbe ich auch überall wo ich hinkomme dafür, dass Bürgerinnen und Bürger von diesem Informations-Freiheitsgesetz Gebrauch machen. Wir sollten es alle tun.

3. 

Allerdings: Als wir abschließend über dieses Gesetz debattiert hatten, da habe ich auch begründet, warum die PDS im Bundestag dem rot-grünen Entwurf nicht zustimmen wird. Wir hatten uns damals enthalten.
Denn das Gesetz eröffnet eine schöne Aussicht und dasselbe Gesetz versperrt sie sofort wieder durch seine Ausführungs-Bestimmungen. So verkehrt man eine gute Absicht in ihr Gegenteil.

4. 

Ich hatte damals drei grundlegende Mängel kritisier. Erstens gibt es viel zu viele Ausnahmen, bei denen eben keine Akteneinsicht gewährt werden muss. Zweitens sind die gesetzten Auskunftsfristen viel zu lang.
Drittens - und damit bin ich beim aktuellen Antrag der Grünen - zeichnete sich schon damals ab: Die Gebühren, die Bürgerinnen und Bürger für Auskünfte entrichten müssen, sind ungebührlich hoch.

5. 

Wer für eine amtliche Information 500 Euro berappen muss, überlegt sich das zwei Mal. a) Ob sie ihm das Wert ist. Und b) ob er sich das leisten kann? So verkommt Demokratie zum puren Geschäft.
Und so werden ganze Bevölkerungs-Schichten von Bürgerrechten ausgeschlossen. Wir kennen das von anderen Gesetzen auch. Ich erinnere nur an „Hartz IV“: Wer arm dran ist, verliert auch noch Bürgerrechte.

6. 

Und weil DIE LINKE im Bundestag das falsch findet, deshalb begrüße ich die nachträgliche Einsicht der Grünen. Und ich appelliere an die SPD, dem Informations-Freiheitsgesetz endlich die Fesseln zu nehmen.
Es geht um mehr Demokratie, Transparenz und Bürgerrechte. Wer den Preis dafür - für die Bürgerinnen und Bürger - ins Unbezahlbare treibt, will das nicht. Wir wollen ein wirkliches Informations-Freiheitsgesetz.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

16.2.2006
www.petra-pau.de

 

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