Freundliche Übernahmen ohne Gewähr

PDS im Bundestag - heute: von Petra Pau
Beitrag in „Disput“, August 2005

„Kriege ich nun länger Arbeitslosenhilfe, Frau Pau, oder doch nicht?“ Das fragte mich ein Passant, als ich jüngst in Leipzig war. Er hatte mich offenbar erkannt und suchte Rat. Ich kenne das und weiß, die Sorgen vieler ähneln sich. Der ältere Herr mit der Eingangsfrage hat jahrzehntelang gearbeitet. Dann verlor er seinen Job und dann auch noch seine Arbeitslosenhilfe. Nun ist er ALG-II-Empfänger, Hartz-IV-betroffen, wie Millionen, landauf, landab.

Jedenfalls habe er gelesen, sagte er, dass SPD und Grüne im Bundestag ein Gesetz verabschiedet hätten, das ihn und andere „58er“ wieder besser stelle. Ich musste ihn leider enttäuschen. Zwar hat Rot-Grün einen entsprechenden Beschluss gefasst, und wir - Gesine und ich - haben ihm selbstverständlich zugestimmt. Aber die CDU hat sofort erklärt, sie werde das Gesetz im Bundesrat stoppen. Übrigens wollten SPD und Grüne die „58er“-Regel mitnichten wieder einführen, sondern die Streichung lediglich für zwei Jahre aussetzen.

Ähnlich verhält es sich mit der Angleichung des Arbeitslosengeldes-II-Ost an das Westniveau. Eine wiederholte Forderung der PDS im Bundestag. Denn niemand kann sachlich erklären, warum Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger in den neuen Bundesländern weniger erhalten sollen, als Arbeitssuchende in den alten Ländern. Wir haben gegen Windmühlen geredet. Eine Abgeordnete der Grünen aus Thüringen meinte gar, von 331 Euro im Monat könne man im Osten gut leben. Und die CDU überlegt längst, ob das ganze Hartz-Paket nicht ohnehin viel zu teuer ist. Doch plötzlich hört man neue Töne. Die ALG-II-Sätze sollten angeglichen werden, ließ sich Bundestagspräsident Thierse (SPD) zitieren. Und nicht nur er. Ich habe ihm geantwortet: „Gleichen Sie jetzt an. Noch haben Sie eine Bundestags-Mehrheit. Und die PDS-Stimmen hätten Sie dazu!“

Dasselbe gilt für die „Reichen“- oder „Millionärs“-Steuer, die SPD und Grüne plötzlich ins Spiel bringen. Ich wiederhole: „Machen! Und nicht vergessen!“ Wie damals, 1998. Da hatte Rot-Grün nämlich eine neue Vermögensteuer versprochen. Immer, wenn ich daran erinnert habe, wurde ich als Populistin abgetan. Seitdem allerdings von einer neuen Linkspartei die Rede ist und seitdem Umfragen meinen, sie könnte drittstärkste Fraktion werden, seitdem übernehmen andere Parteien eine PDS-Position nach der anderen. Immerhin! Aber Vorsicht! Meine Erfahrungen lehren: Diese freundliche Übernahme ist ohne Gewähr.
 

 

 

31.8.2005
www.petra-pau.de

 

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