Info-Freiheit per Gesetz

Bundestag, 3. Juni 2005, „Informations-Freiheits-Gesetz“
Rede von Petra Pau

1. 

Wir beraten abschließend das Informations-Freiheits-Gesetz. Bürgerinnen und Bürger sollen ein grundsätzliches Recht auf Informationen der Verwaltung und weiterer Einrichtungen erhalten. Sie werden nicht mehr von Amts wegen zugeteilt. Es geht also um einen Paradigmen-Wechsel.
In Europa gibt es nur noch vier Staaten, die ein Informations-Recht für alle Bürgerinnen und Bürger haben. Auch die vier Bundesländer Berlin, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein haben längst entsprechende Gesetze. Deshalb hatte die PDS im Bundestag die rot-grüne Initiative bereits Dezember als überfällig begrüßt.

2. 

Wir haben sie begrüßt, weil mehr Informationen immer auch ein mehr an Demokratie ermöglichen. Wir haben sie begrüßt, weil mehr Transparenz Korruption erschweren kann. Und wir haben sie begrüßt, weil das neue Recht die Bürgerinnen und Bürger als Souverän stärkt.
In der ersten Lesung des Gesetzes habe ich aber auch prophezeit: SPD und Grüne werden sich entscheiden müssen. „Entweder ein schlechtes Gesetz mit Bundesinnenminister Schily oder ein gutes Gesetz trotz Schily.“
Herausgekommen ist offenbar ein Gesetz mit Otto Schily. Und nun haben wir wieder einmal ein Problem. Denn unterm Strich steht: Vorne gut gedacht, aber hinten schlecht gemacht.
Deshalb wird sich die PDS bei der Abstimmung auch enthalten.

3. 

Natürlich hat sich längst herum gesprochen: Nahezu alle Ministerien der rot-grünen Bundesregierung haben auf die Bremse getreten und ein gutes Gesetz verhindert. Was nur zeigt:
Der angestrebte Mentalitäts-Wechsel im Verhältnis zwischen Behörden und Bürgern, zwischen Staat und Demokratie, zwischen Geheimniskrämerei und Transparenz hat noch einen langen Weg vor sich.

4. 

Damit wäre ich bei unseren drei Haupteinwänden. Das Gesetz räumt den Bürgerinnen und Bürgern zwar grundsätzlich ein Recht auf alle sie interessierenden Informationen ein. Aber die lange und auslegbare Liste der Ausnahmen stellt genau diesen Grundsatz wieder in Frage.
Ausgenommen werden fast alle Vorgänge, die mit Geld zu tun haben. „Beim Geld hört die Freundschaft auf“, sagt ein Sprichwort. „Beim Geld greift die Korruption zu“, weiß zudem der Volksmund.
Schließlich: Informationen haben ihre Zeit und die ist bekanntlich schnell. Das Gesetz indes hält die Bürgerinnen und Bürger ein bis zwei Monate hin, bis sie informiert werden. Auch das widerspricht dem neuen Geist.

5. 

Es gab im März eine parlamentarische Anhörung. Der Mehrheit der angehörten Experten ging der Gesetzes-Entwurf nicht weit genug. Durchgesetzt haben sich allerdings die Bedenken der Minderheit.
Fazit: Wir hätten dem Gesetz gern zugestimmt. Weil wir es für wichtig halten, unverzichtbar für einen modernen Bürgerrechtsstaat. Aber wir können nicht zustimmen. Dafür greift das Gesetz zu kurz.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

3.6.2005
www.petra-pau.de

 

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