Wir stimmen mit der CDU/CSU - aber aus anderen Gründen

Bundestag, 14. April 2005, Rüstungsexport nach China
Rede von Petra Pau

1. 

Die CDU/CSU hat beantragt, das EU-Waffenembargo gegen China nicht aufzuheben. Ich nehme vorweg: Die PDS im Bundestag wird dem zustimmen.
Sie können das für eine parlamentarische Stern- oder für eine politische Geisterstunde halten. Denn dass die PDS und die Opposition zur Rechten gleicher Meinung sind, ist selten - sehr selten.

2. 

Ich bin sicher, wir sind nicht mal derselben Meinung. Das wird spätestens bei den Gründen deutlich, warum die PDS gegen Rüstungsexporte nach China ist und weshalb die CDU/CSU dagegen ist.
Unsere Position ist übersichtlich: Jeder Rüstungsexport ist unter dem Strich ein Geschäft mit dem Tod und somit das Gegenteil einer auf Frieden gerichteten Weltwirtschaft. Das meinen wir grundsätzlich.

3. 

CDU und CSU agieren taktisch, übrigens auch Teile der Grünen. Deutsche Waffenexporte nach China könnten die USA verstimmen. Das höre ich bei der CDU/CSU - ebenso von den Grünen.
Was ja wohl heißt: Rüstungsexport ist okay, es müssen nur die richtigen Käufer sein. Und genau da setzt der Konflikt mit dem Bundeskanzler ein. Denn China ist ein großer, profitabler Markt. Deshalb ist er für Exporte.

4. 

Ich erinnere sie an eine Forderung, die ich schon einmal zitiert habe:
„Die Regierung muss im Blick behalten, dass Unternehmen Rendite erzielen müssen. Und dies geht bei Rüstungsgütern nur selten, wenn man sich allein auf die Belieferung der nationalen Streitkräfte beschränkt.“
Diese Forderung stammt aus dem Jahre 2000 von Dr. Diehl, dem Vorsitzenden der gleichnamigen Diehl-Stiftung, einem Konzerngeflecht im weltweiten Rüstungsgeschäft.

5. 

Seitdem, das haben wir erst jüngst diskutiert, haben deutsche Waffenlieferungen und Rüstungsexporte massiv zugenommen.
Die Beschränkungen, die sich Rot-Grün selbst auferlegt hatte, sind längst Makulatur. Denn deutsche Waffen- und Rüstungs-Systeme werden selbst in Krisengebiete exportiert.

6. 

Diese Fehlentwicklung ist - wie man weiß - nicht das Gegen-Argument der CDU/CSU. Sie ist nicht gegen deutsche Rüstungs-Profite. Sie ist nur gegen neue Reibereien mit den USA. Das unterscheidet uns.
Bundeskanzler Schröder hat andere Optionen. Und die will er durchsetzen. Deshalb ließ er auch durchblicken: Er habe die Richtlinien-Kompetenz, nicht das Parlament. Das war ein kalkulierter Affront gegen die Demokratie. Willi Brandt dürfte im Grab rotieren.

7. 

Übrigens: In Berlin will die SPD gern eine Richtlinien-Kompetenz für ihren Regierenden Bürgermeister. Das wollte die CDU vorher auch. Die PDS will das nicht. Wir wollen mehr Demokratie, mehr Rechte der Parlamente und mehr Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger.
Ich finde: Mit seinem Basta-Anspruch am Beispiel „Waffenexporte“ hat Bundeskanzler Schröder seinen hauptstädtischen SPD-Genossen einen Bärendienst erwiesen, wie der Berliner meint. Dafür sage ich Danke.

8. 

Zurück zur Volksrepublik China. China ist gut für VW-Geschäfte, sagen die einen. China ist schlecht zu Menschenrechten, sagen die anderen. Wäre ich unpolitisch neutral, dann würde ich sagen: stimmt!
Aber ich bin nicht unpolitisch neutral. In China werden Menschenrechte verletzt. So werden zum Beispiel in China noch mehr Todesurteile vollstreckt, als im Mutterland der Todesstrafe, in den USA.
Und in China wird ein Auto-Geschäft forciert, wogegen die aktuelle Feinstaub-Debatte in Deutschland ein laues Lüftchen ist. Das alles mit deutscher Duldung, mit deutscher Beteiligung, mit rot-grünem Eifer.

9. 

Jeder fünfte Mensch unserer Erde lebt in der Volksrepublik China. Das spricht unbedingt für den Dialog und für die Zusammenarbeit mit China. Die PDS ist dafür, sie wirbt dafür und sie pflegt den Dialog.
Nur eines hilft niemanden: Nämlich der Versuch, China als gewinnträchtigen Markt für deutsche und europäische Waffenexporte zu erobern. Dazu sagen wir Nein.

10. 

Im Vorfeld der Diskussion bekam ich übrigens eine e-mail von einem Journalisten einer linken, einer sehr linken Zeitung. Er mahnte: Ihr werdet doch nicht etwa dem CDU/CSU-Antrag zustimmen. Noch dazu in einer Zeit, wo die USA ihren Militär-Ring um China zusammen ziehen und sich zur Übernahme Chinas aufrüsten.
Wir, die PDS im Bundestag, sind dennoch dagegen, dass China mit deutscher Hilfe hoch rüstet. Wir wollen generell, dass weltweit abgerüstet wird, dass Krieg kein Mittel der Politik ist und dass das Geschäft mit dem Tod endlich geächtet wird.
Das unterscheidet uns von der CDU/CSU, obwohl wir heute für ihren Antrag stimmen.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

14.4.2005
www.petra-pau.de

 

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