Ost-Probleme müssen gesamtdeutsches Interesse werden

Bundestag, 18. März 2005, „Deutsche Einheit / Ost“
Rede von Petra Pau

1. 

Wir diskutieren heute abschließend den Bericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit und zum Aufbau Ost. Dazu liegen mehrere Anträge der Koalition, der FDP und der Opposition zur Rechten vor.
Die PDS im Bundestag sieht die Debatte heute im Kontext mit der Generalaussprache im Bundestag gestern und mit dem so genannten Job-Gipfel im Anschluss im Bundeskanzleramt.
Deshalb haben wir gestern bereits aufmerksam gelauscht, was die Spitzen von Rot-Grün und was die Spitzen der CDU/CSU zur besonderen Lage in den neuen Bundesländern beisteuern. Es war - mit Verlaub - nichts.

2. 

Sie kennen meine These: Vieles, was bundesweit im Argen liegt, wirkt im Osten besonders zugespitzt. Und vieles, was heute im Osten kriselt, erreicht morgen die gesamte Republik. Gerade deshalb muss es ein besonderes, gesamtdeutsches Interesse sein, die Probleme-Ost positiv zu wenden.
Davon sind wir - bei allen sichtbaren Fortschritten - in der Substanz meilenweit entfernt. Und sie gießen mit Strategien, die im Westen schaden und für den Osten Gift sind, zusätzlich Öl ins Feuer. Die „Agenda 2010“ gehört dazu.

3. 

Ich will Ihnen das an drei Generalproblemen illustrieren.
 
a) Wir haben bundesweit eine Massenarbeitslosigkeit von deutlich über 5 Millionen. Relativ ist die Arbeitslosigkeit-Ost mehr als doppelt so hoch wie die Arbeitslosigkeit-West. Trotzdem haben Sie „Hartz IV“ verordnet, obwohl alle wissen: „Hartz IV“ schafft keine Arbeitsplätze, im Gegenteil, weitere Unternehmen und Arbeitsplätze werden gefährdet.
 
b) Wir haben ein demografisches Problem. Sie versuchen aber nicht das Problem zu lösen. Sie versuchen lediglich die Kosten des Problems umzuverteilen. Und auch hier gilt - ich greife einen Artikel der Neuen Züricher Zeitung auf - ich zitiere: „Der demografische Wandel findet überall in Deutschland überall statt, als Katastrophe aber nur im Osten.“
 
c) Deutschland ist Exportweltmeister, zugleich krankt der Binnenmarkt. Das wissen alle und das spüren alle strukturschwachen Regionen. Der Osten spürt das flächendeckend. Trotzdem forcieren sie eine Politik, die den Binnenmarkt schwächt, anstatt die noch ansässigen Unternehmen zu stärken.

4. 

Deshalb fasse ich für die PDS zusammen:
Wir brauchen endlich eine aktive Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik. Wir brauchen gezielte Anreize gegen das Ausdörren ganzer Regionen. Und wir brauchen eine Steuerpolitik, die den Kommunen gibt, sie stärkt.
Was wir nicht brauchen, das sind Strategien, die den Osten und ihre Menschen zum Testballon für Sozialabbau und zum Billiglohnland machen.
Kurzum: Wir brauchen kein ‚weiter so', sondern eine politische Wende.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

18.3.2005
www.petra-pau.de

 

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