Reformen statt Rolle rückwärts

Bundestag, 17. Februar 2005, „Beschäftigungspolitik“
Rede von Petra Pau

1. 

Beantragt ist ein Bündel von Vorschlägen. Sie sollen zu einer besseren Beschäftigungspolitik führen - wird behauptet. Das wäre angesichts von fünf und mehr Millionen Arbeitslosen auch dringend nötig.
Die vorgeschlagenen Maßnahmen haben allerdings einen gravierenden Makel. Sie bringen keine Besserung, sie verschlechtern die Lage. Sie senken nicht die Massenarbeitslosigkeit, sie steigern sie. Und sie schaffen keinen sozialen Frieden, sie sind eine Kampfansage. Deshalb werden sie von der PDS im Bundestag auch abgelehnt.

2. 

Worum geht es konkret?
• Unternehmen sollen von Steuern und Abgaben entlastet werden.
• Tarifverträge sollen entwertet werden.
• Der Niedriglohnsektor soll ausgebaut werden.
• Der Kündigungsschutz soll aufgeweicht werden.
Alle diese Vorschläge sind längst im Praxistest und sie haben dabei stets versagt, wenn es um die Senkung der Arbeitslosigkeit geht.

3. 

Fragen sie die Bürgerinnen und Bürger im Land, egal ob in Ost oder in West, ob Nord oder Süd. Die meisten wissen es und zu viele erfahren es:
• Unternehmen, insbesondere die großen, werden seit Jahren entlastet, aber die Arbeitslosigkeit steigt und steigt und steigt.
• Tarifverträge werden von Tarifrunde zu Tarifrunde zugunsten betrieblicher Ausnahmen gelockert. Doch die Arbeitslosigkeit wächst.
• Im Osten Deutschlands sind Billiglöhne die Regel. Trotzdem ist die Arbeitslosigkeit mehr als doppelt so hoch wie im West-Schnitt.
• Der Kündigungsschutz wurde schon mal in der Kohl-Ära abgebaut. Aber auch danach gab es nicht mehr, sondern weniger Arbeitsplätze.
CDU und CSU - und nicht nur sie - beten dennoch gebetsmühlenhaft für ihre Ladenhüter. Das sichert ihnen bei „Sabine Christiansen“ gute Sonntags-Plätze. Alltags-Probleme aber lösen sie damit nicht.

4. 

„Geht es den Unternehmen gut, dann geht es allen gut!“ Das ist eine These, die wider besseres Wissens immer wieder gepredigt wird.
Nehmen wir aktuell die Deutsche Bank, ihr geht es sau-gut. Sie hat weltweit milliardenschwere Gewinne bilanziert. Sie hat keine zehn Prozent Steuern gezahlt. Und sie will zugleich Tausende entlassen.
Selbst die Bundesregierung hat sich darob empört. Aber grundsätzlich verfährt auch sie nach derselben Logik. Sie senkt die Spitzensteuern und verordneten den Entlassenen mit „Hartz IV“ Demut und Fron.

5. 

Außerdem belegen die Exportüberschüsse 2004 erneut: Von dramatischer Wirtschafts-Schwäche kann im internationalen Vergleich keine Rede sein. Nackte Zahlen und steigende Gewinne widerlegen solche Behauptungen. Ganz anders sieht es im Binnenmarkt aus. Er bröckelt, es mangelt an Arbeitsplätzen, an Kaufkraft, an Nachfrage. Die Folge sind weitere Insolvenzen, zunehmende Arbeitslosigkeit - ein Teufelskreis.
Dieser Teufelskreis muss durchbrochen werden. Dafür sind die Vorschläge der CDU/CSU jedoch völlig ungeeignet. Schlimmer noch, sie beschleunigen den saldo mortale.

6. 

Der Begriff „Saldo mortale“ habe ich übrigens dem Gedicht „Freie Marktwirtschaft“ entlehnt. Es endet:
„Das laufende Band, das sich weiter schiebt,
liefert Waren für Kunden, die es nicht gibt.
Ihr habt durch Entlassung und Lohnabzug sacht
Eure eigene Kundschaft kaputtgemacht.
Und Eure Bilanz zeigt mit einem Male einen Saldo mortale.“
Der Autor war Kurt Tucholsky, er schrieb es 1930.

7. 

Wir haben - das sage ich auch mit Blick auf aktuelle Debatten zum Rechtsextremismus - keine Weimarer Verhältnisse. Aber das ist kein Grund, Fehler der Weimarer Politik zu wiederholen.
Wer den Binnenmarkt schwächt, wer Fron und Demut fordert und Bürgerechte beschneiden will, der vollzieht einen Salto mortale.
Die CDU/CSU will diese Rolle rückwärts, die PDS will sie nicht.

8. 

Die PDS ist für weit reichende, nach vorn weisende Reformen.
Wir wollen ein Steuersystem, das die Gewinner nicht länger entlastet, während die Verlierer belastet werden.
Wir wollen solidarische Sozialsysteme, bei denen Geiz nicht geil ist, sondern wo einer des anderen Last trägt.
Und wir wollen eine aktive Arbeitsmarktpolitik, wir wollen einen starken Binnenmarkt und wir wollen Arbeit, von der man Leben kann.
Deshalb lehnt die PDS die Vorschläge der CDU/CSU zum weiteren Abbau von Standards, von Rechten und von Löhnen natürlich ab.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

17.2.2005
www.petra-pau.de

 

Seitenanfang

 

Übersicht

 

Reden&Erklärungen

 

Lesbares

 

Startseite