Ein gutes Gesetz trotz Schily?

Bundestag, 17. Dezember 2004, „Informations-Freiheit-Gesetz“
Rede von Petra Pau

1. 

Wir diskutieren heute nicht einfach über ein Gesetz unter vielen. Es geht um einen grundlegenden Mentalitätswechsel im Verhältnis Bürger und Staat.
Bürgerinnen und Bürger sollen ein Recht auf Akteneinsicht erhalten. Der Staat muss dem nachkommen. Dieses demokratische Prinzip ist das Gegenteil vom herkömmlichen Amtgeheimnis. Deshalb ist die PDS grundsätzlich dafür.

2. 

Zur Vorgeschichte gehört allerdings auch, dass sich alle Bundesregierungen, egal welche, bislang nicht mit Ruhm bekleckert haben, wenn es um ein Informations-Freiheits-Gesetz ging:
Dabei wurde das erste Gesetz dieser Art 1766, also vor fast 250 Jahren, beschlossen, in Schweden. Inzwischen haben die meisten EU-Staaten nachgezogen, auch die Bundesländer, nur der Bund folgt noch überholten Standards. Deshalb wird es höchste Zeit, dass ein gutes Gesetz gelingt.

3. 

Dabei geht es nicht nur um ein allgemeines Prinzip. Mehr Transparenz ist die Grundlage für mehr Demokratie und zugleich ein hilfreiches Mittel gegen Filz und Korruption. Und daran gibt es bekanntlich keinen Mangel.
Amts-Stuben und Behörden-Gänge sollen keine Black-Box mehr sein. Ihre Türen sollen geöffnet und die Rollläden gehoben werden, so dass die staatlichen Innenleben für alle heller und einsehbarer werden.

4. 

So weit der gute Anspruch. Er lebt aber nur, wenn berechtigte Ausnahmen nicht zur Regel werden und wenn die Bürgerinnen und Bürger die gewünschten Informationen auch problemlos und unbürokratisch erhalten.
Genau hier, bei den Ausnahmen und bei den Hürden, beginnen allerdings meine Zweifel. Erst vorige Woche hatten Bundesinnenminister Otto Schily und andere gegen das Gesetz interveniert. Es geht ihnen zu weit.

5. 

Das war zu erwarten. Schließlich geht es um einen Mentalitäts-Wechsel und dafür ist nicht jeder geeignet. Deshalb steht Rot-Grün vor der Wahl: Entweder ein schlechtes Gesetz mit Schily oder ein gutes trotz Schily.
Ich sage dies auch vor einem viel weiteren Hintergrund: Es darf nicht länger sein, dass der Staat sich weiterhin bedeckt hält, während er seine Bürgerinnen und Bürger nackt macht. Das ist aber Praxis.

6. 

Ob „Hartz IV“, Autobahn-Maut, „Otto“-Pakete oder internationaler Daten-Handel - die Bürgerinnen und Bürger werden immer gläserner und der Datenschutz wird immer löchriger. Das verträgt keine Demokratie.
Deshalb muss der Trend gewendet werden. Gläserne Rathäuser und selbst bestimmte Bürger, von diesem Leitbild lässt sich die PDS leiten. Das Informations-Freiheits-Gesetz könnte dafür ein Baustein sein.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

17.12.2004
www.petra-pau.de

 

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