Light-Demokratie für Blitz-Militär

Bundestag, 3. Dezember 2004, „Entsendegesetz“
Rede von Petra Pau

1. 

Etiketten-Schwindel
Wir diskutieren heute abschließend über das so genannte Parlaments-Beteiligungs-Gesetz. Schon der Name grenzt an Etiketten-Schwindel. „Entsendegesetz“ trifft das Anliegen besser. Schließlich es geht darum, die Bundeswehr möglichst problemlos - weltweit - entsenden zu können und das Parlament dabei so wenig wie möglich beteiligen zu müssen.
Blitz-Militär im Äußeren und Light-Demokratie im Inneren, das ist des Pudels Kern. Die PDS im Bundestag lehnt beides entschieden ab.

2. 

Grundgesetz-widrig
Ich bezweifele übrigens heftig, dass das vorliegende Gesetz grundgesetz-konform ist. Noch enthält die deutsche Verfassung eine Friedenspflicht. Und noch hat die höchste Volksvertretung über Auslandseinsätze der Bundeswehr zu entscheiden. Das gebietet das Grundgesetz.
Der vorliegende Entwurf von Rot-Grün aber bricht mit beiden, mit der Pflicht zum Frieden und mit dem Recht des Bundestages.

3. 

PDS-Maulkorb
Nun zur Erinnerung: So lange ist es noch nicht her, da galten deutsche Kriegseinsätze als nahezu unvorstellbar. Dann kam der Sündenfall. Zwar wurde noch immer von Kriegseinsätzen als „ultima ratio“ geredet. Aber immer mehr wurde die gern zitierte Ausnahme zur Regel. Es ist auch so lange noch nicht her, da mussten im Bundestag zwei Drittel einem Militäreinsatz zustimmen. Dann wurde das Quorum gesenkt. Nun sollen die Abgeordneten noch mehr degradiert, oder - wie die PDS im Bundestag - sogar ausgeschaltet werden. Denn mit diesem Gesetz wird der einzigen Partei, die im Bundestag gegen weltweite Militäreinsätze ist, ein Maulkorb verpasst.

4. 

USA-Wünsche
Das Entsendegesetz dient einer beschleunigten Militarisierung der Außenpolitik. Es folgt einer Anregung der USA. Es dient Wünschen der NATO. Es soll die militärische Interventionskraft der EU stärken.
Und das Gesetz wird wie gewünscht funktionieren.
Wird die Bundeswehr künftig in Marsch gesetzt, dann muss der Bundestag de facto die Regierung stürzen, um den Einsatz zu beenden.
Auch das Ausmaß eines Auslandseinsatzes obliegt nicht mehr einer Abwägung im Bundestag. Er kann im Nachhinein nur noch Ja oder Nein sagen. Damit entzieht sich der Bundestag jedem Pro und Kontra. Er unterwirft sich den Entscheidungen einer Regierung, die er nach allen Regeln der Demokratie eigentlich beauftragen und kontrollieren soll. Und er behindert gesellschaftliche Debatte, anstatt sie anzuregen.

5. 

Selbst-Entmündigung
Damit bin ich bei der eigentlichen und schrecklichen Botschaft, die sie heute beschließen wollen: Der Bundestag entmündigt sich selbst, weil er dem Militär im Weg steht, weil die höchste deutsche Volksvertretung der Nato und der Bundeswehr zur Last fällt. Ich hätte nie gedacht, dass Deutschland noch einmal so tief sinkt - noch dazu auf Antrag der SPD und der Grünen. Die PDS im Bundestag lehnt das ab - konkret und grundsätzlich.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

3.12.2004
www.petra-pau.de

 

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