Der Datenschutz ist irreversible gefährdet

Bundestag, 30. September 2004,
Rede von Petra Pau

(zu Protokoll gegeben)

1. 

Wir diskutieren einen Datenschutzbericht vom 7. Mai 2003. Er umfasst den Zeitraum 2001 bis 2002.
Wer meint, hier wird Schnee von gestern aufgewirbelt, liegt nicht ganz falsch. Wer allerdings glaubt, es gehe um alte Hüte, irrt. Allein die Tatsache, dass der Bericht 1 ½ Jahre schlummern musste, lässt aufmerken.
Noch deutlicher wird das Problem, sobald man den alten Bericht liest. Er mag verstaubt sein, veraltet ist er nicht - im Gegenteil.

2. 

Im Bericht wurde eine (Zitat) „zwiespältige Bilanz“ gezogen. Zu den Kritik-Punkten gehörte, dass die Bundesregierung „noch immer kein Arbeitnehmer-Datenschutz-Gesetz“ vorgelegt hat und dass die Telefon-Überwachung weiter gestiegen ist.
Das, so schrieb der Bundesbeauftragte für Datenschutz schon damals, erfülle ihn „unverändert mit großer Sorge“. Er ist nicht mehr im Amt, aber die Sorge ist geblieben. Denn seine Kritik wurde seitdem nicht entkräftet, sie wurde weiter genährt.
Die von der SPD und von den Grünen versprochenen Gesetze gibt es immer noch nicht. Und die staatliche Überwachung hat zugenommen. Diese Ignoranz und dieser Trend muss endlich geändert werden.

3. 

Nach den Terroranschlägen in den USA am 11. 9. 2001 wurden auch hierzulande weitgehende Sicherheits-Gesetze beschlossen. Sie greifen tief in Grundrechte, auch in den Datenschutz ein.
Der damalige Datenschutzbeauftragte, Herr Jacob, glaubte der Bundesregierung und an einen Erfolg, weil diese Gesetze nach zwei oder drei Jahren einer „Erfolgskontrolle“ unterzogen werden sollte.
Er irrte, leider. Rot-Grün denkt nicht daran, die so genannten Otto-Pakete zu überprüfen. Otto Schily selbst kündigt weitere Verschärfungen an. Und die CDU/CSU grübelt, ob sie gegen oder besser mit dem SPD-Innenminister Wahlkampf macht.
Auf der Strecke bleibt der Datenschutz. Ein Grundrecht, das 1983 vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich und grundsätzlich gestärkt wurde.

4. 

Das ist Geschichte. Und auch das: Zu Recht wurde der Daten-Durst des MfS der DDR kritisiert. Er trug zum Untergang der DDR bei. Aber wer allein die technischen Möglichkeiten des MfS mit denen der Neuzeit vergleicht, muss ins Grübeln kommen.
Umso mehr muss der Datenschutz geschützt werden. Praktisch und politisch geschieht das Gegenteil.
Immer mehr persönliche Daten werden gesammelt und gehandelt, geordert und gefordert. Auch „Hartz IV“ erzwingt eine unglaubliche Datei über Millionen Menschen und ihre Angehörigen.

5. 

Meine These ist:
Wird der Datenschutz nicht unverzüglich und umfassend gestärkt, dann geht ein Grundrecht irreversible verloren. Das wäre ein verheerender Demokratie-Verlust.
Deshalb wird sich die PDS an diesem Wochenende in Berlin genau diesem Thema widmen, auf einer Konferenz im „Haus der Demokratie“. Ich lade Sie alle dazu dringend ein.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

30.9.2004
www.petra-pau.de

 

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