Besser kein neues Gesetz, als dieses!

Bundestag, 1. Juli 2004, „Zuwanderungs-Gesetz“
Rede von Petra Pau

1. 

Wir reden heute über das wohl zäheste Gesetz der vergangenen fünf Jahre, über das Zuwanderungsrecht. Außerdem klaffen Anspruch und Lösung selten so weit auseinander, wie bei diesem Gesetz.
Zur Erinnerung: Angekündigt war ein modernes Einwanderungsrecht. Heraus kam ein Sicherheitsgesetz für bzw. gegen Ausländer. Es ist, wie Heribert Prantl in der Süddeutschen zutreffend schrieb, ein „Gesetz mit umgedrehten Vorzeichen“. Die PDS im Bundestag lehnt es ab.

2. 

Als die Debatte über ein neues, modernes Einwanderungsrecht begann, habe ich das ausdrücklich begrüßt. Zumal es galt, eine uralte Mauer einzureißen. Deutschland ist seit Jahrzehnten ein Einwanderungsland. Die Opposition zur Rechten wollte dies nicht wahrhaben. Heute wissen wir: Sie stemmt sich noch immer dagegen.
SPD und Grüne versprachen den Durchbruch, in den Köpfen und im Recht. Doch schon nach der ersten, großen Runde mehrten sich Zweifel. Rita Süßmuth, die CDU-Vorsitzende der rot-grünen Regierungs-Kommission meinte vor 2 Jahren zum damaligen Gesetz-Entwurf: „Noch seien wichtige Elemente“ eines modernen und humanen Rechts „vorhanden, aber weit zurück genommen!“
Inzwischen loben CDU/CSU: Mit der FDP hätten sie niemals so ein restriktives Gesetz hinbekommen, wie mit Bundesinnenminister Schily, der SPD und den Grünen. Klarer kann man sich nicht vorführen lassen.

3. 

Die PDS hatte sich mit einem eigenen Modell an den Debatten beteiligt. Dabei ging es uns um einen Paradigmen-Wechsel: Weg vom Zerrbild des kriminellen Ausländers, der wirtschaftliche Lücken büßt. Hin zu einem Bürgerrecht, das humanen Ansprüchen folgt.
Davon sind wir nun weiter entfernt, als 1998, zu Beginn der rot-grünen Ära. Denn selbst die wenigen Lichtblicke im Gesetz sind mitnichten hausgemacht. Die Anerkennung nicht-staatlicher Verfolgung als Asylgrund zum Beispiel ist inzwischen EU-Recht. Anderenfalls hätten CDU und CSU dem auch kaum zugestimmt.

4. 

Als sich der vorliegende Kompromiss abzeichnete, habe ich erklärt: Unter diesen Umständen ist kein neues Gesetz besser, als dieses. Das war im Mai, als Bündnis 90/Die Grünen zu einem letzten Kraftakt ausholte und aus den Verhandlungen mit der CDU/CSU ausstieg. Es war eine Befreiungstat für Otto Schily. Von da ab war er unter Seinesgleichen.
Aber auch die Drohung, den grünen TÜV anzurufen, endete als Fehlanzeige. Das Gesetz liegt mit all seinem Rost und all seinen Macken vor uns. Die grüne Menschenrechts-Beauftragte der Bundesregierung, Claudia Roth, hat es unlängst sogar vehement verteidigt. Obwohl es Unrecht gegen Ausländerinnen und Ausländer fortschreibt.
Die PDS im Bundestag lehnt es ab. Es ist weder modern, noch human und es bleibt weit unter dem Niveau, das in den rot-roten regierten Ländern Berlin und Mecklenburg-Vorpommern vereinbart wurde. Es ist, wie CDU und CSU stolz loben, ein Verhinderungs-Gesetz.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

1.7.2004
www.petra-pau.de

 

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