Die Strategie ist unsozial und ungerecht

Bundestag, 1. Juli 2004, „Post-Bezüge“
Rede von Petra Pau

Dies ist ein Manuskript. Die Rede konnte nicht gehalten werden, weil CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen eine Aussprache im Plenum über das Postpersonalrechtsgesetz verweigerten.

1. 

Im vorliegenden Gesetz geht es um die Unternehmen der Post und gegen ihre Beschäftigten - konkret um jene, die beamtet sind. Und das sind - Deutsche Post, Deutsche Telekom und Deutsche Postbank addiert - rund 143.000 Beamtinnen und Beamte.
Sie sollen mehr arbeiten, sie sollen weniger verdienen und sie sollen - wie es neudeutsch heißt - flexibler eingesetzt werden können. Da es sich um ehemalige Staatsdiener handelt, ist der Bundestag zuständig. Die PDS wird dem Gesetz nicht zustimmen. Wir lehnen es im Detail, aber auch grundsätzlich ab.

2. 

Grundsätzlich, denn es geht nur scheinbar um die Post und um Beamte. Insbesondere die CDU und CSU lässt bekanntlich kein Wochenende aus, um prinzipiell längere Arbeitszeiten und weniger Lohn zu fordern.
Die einen umschreiben das als Reform. Ich sage, es geht um Nötigung und Ausbeutung. Dafür sind die Stimmen der PDS nicht zu haben.

3. 

Konkret soll das Postpersonalrechtsgesetz geändert werden, mit drei gravierenden Folgen. Erstens sollen Beamtinnen und Beamte künftig innerhalb und außerhalb der Konzerne eingesetzt werden, je nach Bedarf. Wer weiß, dass die Deutsche Post im Irak amerikanische Feldpost verteilt, kann sich ausmalen, wie weit reichend das sein kann. Zweitens sollen Zuwendungen, wie Weihnachts- und Urlaubsgeld, gestrichen werden. Das trifft die unteren und mittleren Einkommensgruppen bekanntlich besonders hart. Drittens soll Mehrarbeit nicht mehr durch Freizeit, sondern mit Geld abgegolten werden. Das vernichtet Arbeitsplätze, anstatt neue zu schaffen.
Alle drei Vorstöße folgen einer Strategie, die wir ablehnen. Sie sind unsozial und ungerecht.

4. 

Hinzu kommt: Wir entscheiden heute über Arbeitnehmerrechte in Unternehmen, die an der Börse gehandelt werden. Wir versuchen die Kurse zu steigern, indem wir die Beschäftigten schröpfen. Das mag der Logik des Marktes folgen. Das liegt aber nicht in der Logik der PDS.
Es stellt zudem eine indirekte Subventionierung der Post-Unternehmen von Staats wegen dar. Denn das vermeintliche Plus wird den Beschäftigten genommen und Aktionären gegeben. Dazu sagen wir Nein.

5. 

Schließlich verweisen die Gewerkschaften auf einen weiteren Widerhaken. Gerade in den ehemals staatlichen und nunmehr privatisierten Unternehmen werden Angestellte und Beamte gern gegeneinander in Stellung gebracht. Der einen Beschäftigten-Gruppe wird in die Tasche gegriffen und hernach begründet, dass auch die andere nachziehen müsse. Das Ganze wird als Gleichberechtigung verkauft, sehr frei nach dem Motto: „Einer trage des anderen Last.“
Reden Sie mit der Postfrau, die Ihnen täglich bei Wind und Wetter für einen Mini-Lohn die Briefe ins Haus bringt und Sie werden hören, was Sie anrichten. Wir wissen es und deshalb lehnt die PDS das vorliegende Gesetz ab.
 

 

 

1.7.2004
www.petra-pau.de

 

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