Schwarzarbeit ist asozial

Bundestag, 6. Mai 2004, Tagesordnungspunkt „Bekämpfung der Schwarzarbeit“
Rede von Petra Pau

1. 

Die Bundesagentur für Arbeit hat die aktuelle Statistik zur Arbeitslosigkeit vorgestellt. Das Ergebnis ist niederschmetternd. Die Zahl der Erwerbslosen hat - saison-bereinigt - zugenommen. Der Beschäftigungs-Abbau hat sich beschleunigt. Die rot-grünen „Hartz“-Versprechen sind wie eine Seifenblase geplatzt.
Die PDS hatte es prophezeit, weil die so genannte Arbeitsmarkt-Reform die Arbeitslosen und nicht die Arbeitslosigkeit bekämpft. Deshalb haben wir hier eine grundlegende Differenz zu Rot-Grün, aber auch zur Opposition zur Rechten.

2. 

Keine grundlegende Differenz haben wir, wenn es darum geht, die wuchernde Schwarzarbeit zurück zu drängen. Das habe ich schon vor Wochen betont und ich wiederhole es: Schwarzarbeit ist weder ausgleichende Gerechtigkeit, noch selbst bestimmter Widerstand. Schwarzarbeit ist unter dem Strich asozial. Der Schaden für die Sozialsysteme ist enorm und nicht nur für sie.
Allerdings, auch das wiederhole ich: Asozial sind vor allem jene, die aus organisierter Schwarzarbeit Kapital ziehen und erst in zweiter Linie jene, die sich zu Dumping-Löhnen verdingen. Deshalb muss es bei der Ahndung von Schwarzarbeit auch entsprechende Prioritäten geben.

3. 

Nun hat der neue Gesetzentwurf gegen Schwarzarbeit den Bundesrat durchlaufen. Wir beraten ihn heute erneut. Wie Sie wissen, haben auch die rot-rot-regierten Bundesländer Berlin und Mecklenburg-Vorpommern dem Gesetz grundsätzlich zugestimmt. Aber es gab auch Kritik. Zwei Punkte will ich anmerken.
Es gibt in nahezu allen Bundesländern interdisziplinäre Ermittlungsgruppen gegen Schwarzarbeit. Zu den anerkannt erfolgreichen zählt die Berliner. Umso unverständlicher ist es, wenn dieser regionale Sachverstand künftig weniger wichtig sein soll, als er nötig wäre. Das versteht niemand.

4. 

Meine zweite Kritik betrifft die Prioritäten. So richtig es ist, Schwarzarbeit zu ahnden, so wichtig ist es auch, Schwarzarbeit zu vermeiden. Es gibt aber Hunderttausende, die regelrecht in Schwarzarbeit gedrängt werden, weil ihnen legale Arbeit verwehrt wird.
Das hat viel mit dem Ausländerrecht oder -unrecht zu tun. Das hängt aber auch mit Hängepartien im EU-Recht zusammen. Ich merke dazu nur an: Die Grünen haben Recht, wenn Sie die Verhandlungen mit der CDU/CSU über ein modernes Einwanderungsrecht aufgegeben haben. Denn egal, worum es wirklich geht, die CDU/CSU versteht immer nur Polizei und Terror.

5. 

Nun noch eine abschließende Bemerkung: Die Ächtung von Schwarzarbeit hat viel damit zu tun, ob es allgemein gerecht oder ungerecht zugeht. Obsiegt das Gefühl, jeder ist sich selbst der Nächste und wer hat, der hat, dann findet auch die Schwarzarbeit bereitwillige Geber und Nehmer.
Das Gefühl der Ungerechtigkeit ist aber weit verbreitet. Und was schlimmer ist: Es ist nicht nur ein Gefühl. Die rot-grüne „Agenda 2010“ nährt Unrecht und die Programme der Unionsparteien sowie der FDP lassen noch Schlimmeres befürchten. Das ist ein tiefer Widerspruch. Denn sie können nicht Wasser predigen und Weintrinker belohnen.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

6.5.2004
www.petra-pau.de

 

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