Die PDS fordert seit Jahren eine Neuausrichtung der EU-Agrarpolitik. Deshalb unterstützten wir den Luxemburger Beschluss zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik, auch wenn diese Reform nur bedingt unseren weiter gehenden Vorstellungen entspricht. Der Systemwechsel in der Agrarförderung, der die Landwirtschaft wettbewerbsfähiger und marktgerechter machen und umweltgerechte Erzeugungsverfahren sicherstellen soll, ist ein gesellschaftliches Erfordernis.
Aus diesem Grund sind wir vom Grundsatz her für die dem Gesetzentwurf zugrunde liegende Grundkonstruktion für die nationale Umsetzung der Reform. Trotzdem haben wir dem Gesetz nicht zugestimmt. Unsere Gründe dafür waren folgende:
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Die Bundesregierung lehnt in ihrer Gegenäußerung die vom Bundesrat
vorgeschlagene Verschiebung des Beginns der Prämienangleichung auf 2010 ab. Lediglich im Bereich der Milch- und Schafproduktion will sie Ausnahmen in
Erwägung ziehen. Das ist uns zu unverbindlich. Die Bundesregierung hatte ausreichend Zeit, etwas Konkretes anzubieten.
Die jüngste Anhörung des Agrarausschusses hat deutlich gemacht, dass Ländervertreter wie Wissenschaftler - unabhängig vom Parteibuch - für eine zeitliche Verschiebung der Prämienangleichung plädieren. Gerade Milchproduzenten würden durch Preissenkung und Prämienabschmelzung doppelt getroffen. Das Brandenburger Agrarministerium befürchtet - Zitat - umfangreiche Existenzaufgaben von Milchviehbetrieben. Um das zu vermeiden, muss den Betrieben die erforderliche Anpassungszeit im Interesse der künftigen Wettbewerbsfähigkeit und zur Vermeidung der Entwertung von Investitionen und Gesellschafteranteilen eingeräumt werden.
Die heutige Debatte hat verdeutlicht, dass der Konflikt zwischen Besitzstandswahrung und Beseitigung von Ungerechtigkeit nicht mit der Brechstange lösbar ist. Deshalb hat die PDS in ihrem Europawahlprogramm u. a. formuliert
,Beim Umbau des Agrarförderungssystems, der mit erheblichen Umschichtungen zwischen Betrieben und Regionen verbunden sein wird, sollten die nationalen Entscheidungsspielräume so genutzt werden, dass die Umschichtungen aus Einkommensgründen nicht abrupt sondern als mehrjähriger Übergang erfolgen.
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Für uns und die Landwirte, die mit der Reform leben müssen, ist eine zentrale Frage offen geblieben, nämlich die Einschätzung der komplexen Wirkungen dieser umfassenden Reform. Das betrifft insbesondere ihre Konsequenzen für die regionale Wirtschaftskraft, für Wachstum, Wertschöpfung, Beschäftigung. Es ist schlimm, dass die Bundesregierung nicht in der Lage ist, Einschätzungen und Auswirkungsberechnungen vorzulegen. Damit wird dem Bundestag zugemutet, die Katze im Sack zu kaufen, damit ist kein solides Gesetzgebungsverfahren möglich.
Unsere Bedenken betreffen Voraussagen, die von der Wissenschaft, dem Bauernverband und Agrarministerien der Länder getroffen wurden, wonach vor allem die Rindfleischproduktion erheblich absinken werde. Ostdeutschland wäre davon besonders betroffen. Das ist weder akzeptabel noch mit der in der Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und Bündnis 90/Die Grünen formulierten und immer noch nicht eingelösten Aussage vereinbar, sich für einen höheren Tierbestand in Ostdeutschland einzusetzen, um Wertschöpfung wieder verstärkt in ländlichen Regionen Ostdeutschlands anzusiedeln.
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Dr. Gesine Lötzsch Petra Pau
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