CO2-Handel im Bundestag

Bundestag, 4. März 2004, Tagesordnungspunkt: Emissions-Handel
Rede von Petra Pau

(es gilt das gesprochene Wort)

1.

Wir diskutieren über ein Gesetz, das den Handel mit Emissionen ermöglichen soll, also den Handel mit Umwelt-Verschmutzungen.

Wir reden über ein Mittel zum Zweck. Deshalb stellt die PDS im Bundestag auch den Zweck voran: Es geht darum, den CO2-Ausstoß deutlich zu reduzieren, weltweit und hierzulande.

Das ist nötig, um eine Klima-Katastrophe zu verhindern. Und das eilt, ehe es tatsächlich zu spät ist.

2.

Die jüngste Warn-Studie aus den USA wurde hier schon aufgerufen. Im Gegensatz zu den Grünen berufe ich mich allerdings nicht auf die CIA. Dazu fehlt mir der Glaube an den amerikanischen Geheimdienst, nicht erst seit dem Irak-Krieg.

Überhaupt sind die USA in Sachen Klima- und Umweltschutz das Gegenteil von guten Ratgebern. Sie taugen nicht als Beispiel.

3.

Aber es gibt genug andere Zeugnisse und Zeugen. Einer ist sogar CDU-Mitglied. Ich meine Klaus Töpfer. Der UNO-Umweltchef drängt:
„Niemand zweifelt, dass ein Klima-Wandel stattfindet!“. Er spricht von einer „ökologischen Aggression der Reichen gegen die Armen“. Und er fasst richtig zusammen: „Klimapolitik ist Friedenspolitik!“

Schon deswegen verdient er Respekt. Was ich beileibe nicht zu allen Kandidaten sagen kann, die von der CDU/CSU in den letzen Tagen als Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten gehandelt wurden.

4.

Nun soll der europäische Handel mit Emissions-Rechten im Januar 2005 beginnen. Deshalb debattieren wir ja heute um deutsche Regeln.

Das Ziel ist klar: Verglichen mit dem Jahr 1998 soll der CO2-Ausstoß bis 2010 um 45 Millionen Tonnen reduziert werden. Das war jedenfalls die Selbstverpflichtung der deutschen Industrie. Und dahinter darf es kein Zurück geben.

Auch das Grundprinzip ist übersichtlich: Wer das Klima weniger belastet, als ihm zugestanden wird, kann mit seinen Anteilsscheinen handeln und so ein Plus erwirtschaften.
Wer das Klima über Gebühr belastet, muss zusätzliche Anteilsscheine kaufen, zahlt also drauf.

5.

Es ist also ein Versuch, der Umweltverschmutzung mit marktwirtschaftlichen Mitteln beizukommen. Er ist nicht unumstritten, auch unter Linken nicht. Denn das Klima ist ein Allgemeingut und keine Handelsware.

Noch erstaunlicher ist allerdings, dass sich ausgerechnet die Wirtschaft weigert, marktwirtschaftlich zu agieren. Denn von ihr kommen derzeit die übelsten Widerstände gegen das Emissions-Handelsgesetz.

Sie schachert um jede Tonne CO2-Ausstoß, die sie nicht abbauen muss. Und sie versucht mit Extra-Tricks Extra-Profite zu ergaunern, so als ginge es nicht um eine alle betreffende, globale Herausforderung.

6.

Dabei bilden sich „ungewöhnliche Koalitionen“, wie die Frankfurter Allgemeine am 25. Februar schrieb. Auf der einen Seite protestieren die Gewerkschaften im Verein mit den Wirtschaftsverbänden und Bundeswirtschaftsminister Clement (SPD). Auf der anderen Seite agieren Umweltverbände und Klimaschützer mit Umweltminister Trittin.

Das macht es nicht leichter. Es zeigt aber auch: Im ökologischen „Friedenskampf“, wie Klaus Töpfer meint, geht der Riss mitten durch Rot-Grün.

7.

Hinzu kommt: In den letzten Jahren hat der CO2-Ausstoß durch die deutsche Wirtschaft nicht ab-, sondern zu genommen. Und zwar trotz der so genannten Rezession in den zurückliegenden drei Jahren.

Und auch daran sein erinnert: Die deutsche Wirtschaft hält sich zu Gute, seit 1990 die Umwelt bereits drastisch entlastet zu haben. Das stimmt. Aber fast ausschließlich, weil CO2-Schleudern im Osten stillgelegt und obendrein Konkurrenz aus den neuen Bundesländern abgewickelt wurde.

Die eigentliche Klima-Schutz-Leistung steht also noch bevor. Vor diesem Hintergrund geschehen allerdings seltsame Dinge. Da garantiert Wirtschaftsminister Clement der CO2-trächtigen Kohle-Industrie-West auf Jahre hinaus milliardenschwere Subventionen. Und zugleich attackiert er die Förderung erneuerbarer Energien.

Das ist keine Innovation, dass ist alte Klientel-Politik auf Kosten aller.

8.

Abschließend: Der Emissions-Handel ist kein Wundermittel. Er kann bestenfalls Teil in einem Mix verschiedener Instrumente sein.

Vorn an steht alles, was den Energie-Verbrauch senkt. Hinzu kommt: solare Energien müssen Vorrang vor fossilen und vor atomaren haben. Und natürlich dürfen Klima-Killer nicht vergoldet, sie müssen dringend reduziert werden.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

4.3.2004
www.petra-pau.de

 

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