Gefährliches Sicherheitsgesetz

Bundestag, 30. Januar 2004, Tagesordnungspunkt 18 „Luftsicherheitsaufgaben“
Rede von Petra Pau

1.

Wir diskutieren heute über ein „Luftsicherheitsgesetz“. Ein Gesetz, zu dem der wissenschaftliche Parlamentsdienst bereits vor zwei Jahren meinte, es sei unnötig. Es muss also andere Gründe für dieses Gesetz geben, als die vorgeschobenen. Würden Sie sonst ein unnötiges und mithin überflüssiges Gesetz mit so viel Eifer wollen?

2.

Die wiederkehrende Begründung ist reichlich bemüht worden. Sie wollen die Bundesrepublik und ihre Menschen vor Terrorakten schützen. Dazu rechnen Sie Angriffe mit entführten Verkehrsflugzeugen auf Atom-Meiler oder dicht besiedelte Städte. Dafür wollen sie eine Sonderermächtigung, die den Einsatz der Bundeswehr im Inneren regelt. Wohl bemerkt: Über das in Ausnahmesituationen ohnehin zulässige Maß hinaus.
Das ist der erste Grund, warum die PDS im Bundestag das Gesetz ablehnt.

3.

Sie wissen, dass Ihr Gesetz zudem eine sehr komplizierte ethische Frage berührt. Burkhard Hirsch, vielen noch als Vizepräsident des Bundestages bekannt, anderen als früherer Bundes-Innenministers, fragt dazu: „Will der Minister den lieben Gott spielen?“ Gemeint ist der Bundesverteidigungsminister.

Sein Gedankenspiel ist leicht nachzuvollziehen: Gesetzt den Fall, ein Passagierflugzeug wird entführt. Dann fliegen mit ihm zwei, drei Täter sowie 100 oder 200 Opfer, nämlich die entführten Passagiere. Sie vermuten, die Entführer führen einen Terroranschlag im Schilde und geben den Befehl zum Abschuss des Flugzeuges. Mit einem solchen Befehl würden Sie zugleich das Todesurteil über die 100 oder 200 unschuldige Passagiere fällen - auf eine Vermutung hin.
Wir lehnen eine solche Lizenz zum Töten ab.

4.

Nun kann man über den moralischen Aspekt theoretisch trefflich streiten. Es ist übrigens auch ein rechtlicher. Unbestreitbar aber ist: Der Verband der Allgemeinen Luftfahrt e. V. lehnt Ihr „Luftsicherheitsgesetz“ ab. Es sei - Zitat - „nicht dazu geeignet, die Sicherheit in der Luftfahrt zu erhöhen“.

Kein bislang bekannter Fall, so der Verband, rechtfertige - Zitat - „dieses Streben nach (…) einem utopischen Sicherheitsniveau“.
Auch der Verband der Allgemeinen Luftfahrt e. V. wittert folglich andere Beweggründe für dieses Gesetz, als die von Ihnen bemühten.

5.

Damit steht er nicht allein. Auch bei der Humanistischen Union schrillen die Alarmglocken. Mit diesem Gesetz wollen sie eine Superbehörde „Flugsicherheit“ schaffen. Diese soll u. a. mit den deutschen Inlands- und Auslandsgeheimdiensten zusammenarbeiten und präventiv Daten über potentielle Terroristen sammeln.

Dazu gehören auch Sicherheitsüberprüfungen an und auf Flughäfen. Potentiell verdächtig sind Flugpersonal, Flughafenmitarbeiter und Lieferanten, also Zigtausende.

Rechne ich hinzu, was derzeit an persönlichen Daten zwischen der EU und den USA ausgetauscht wird bzw. demnächst gehandelt werden soll, dann hat das alles weder etwas mit Luftsicherheit, noch mit dem Grundgesetz zu tun.

Die PDS sagt dazu klar Nein. Und sagen Sie bitte nicht mehr, werte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, in der Innen- und Bürgerrechtspolitik trennten Sie Welten von der CDU/CSU. Es sind Mikrowelten, mit bloßem Auge kaum noch wahrnehmbar.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

30.1.2004
www.petra-pau.de

 

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