1.
Die Informationsgesellschaft ist seit Jahren in aller Munde. Und Jahr für Jahr wird deutlicher, welche großen Chancen, aber auch erhebliche Risiken mit ihr verbunden sind. Handy oder Computer im Alltag sind dafür Marken- und Modezeichen. Online-Banking oder -Shopping nehmen zu. Selbst dort, wo die Bürger mit der Bürokratie ringen, erspart das Internet zunehmend endlose Behördengänge.
All das spricht für die Chancen, die modernen Kommunikationstechnologien innewohnen. Zur hemmungslosen Euphorie gibt es indes keinen Grund, auch das wird immer deutlicher.
Drei Fakten können das verdeutlichen.
a) 14 Prozent der Weltbevölkerung verfügen inzwischen über einen Zugang zu modernen Kommunikationsmitteln und -netzen. Davon leben 79 Prozent in den OECD-Staaten. Oder anders gesagt: Die Mehrheit der Weltbevölkerung hat keinerlei Zugang zu der modernen Welt, über die wir hier reden.
b) Von denen, die Zugang haben, werden vor allem SMS und e-mail sowie das Internet genutzt. Die Menge sagt aber noch nichts über die Qualität der Kommunikation aus.
c) Die Zahl der Firmen, die zum IT-Bereich zählen, hat zugenommen, mit ihnen aber auch die Zahl der Billig-Jobs. Dort, wo moderne Kommunikations-Mittel angewandt werden, werden Arbeitsplätze abgebaut. Und selbst in der unmittelbaren Tele-Kommunikations-Industrie gibt es heute nur 4 Prozent Arbeitsplätze mehr, als vor sechs Jahren.
Auch das gehört zur Bilanz, es beschreibt Kehrseiten und drängende Herausforderungen, auch für die Politik.
2.
Übrigens nicht nur für die Forschungs-, Arbeitsmarkt- oder Sozialpolitik, sondern insbesondere für die Bildungspolitik. Medien-Kompetenz wird zunehmend zur Überlebens-Kompetenz, sie wird zur Kultur-Frage im weiten Sinne.
Wie man einen Computer bedient, wie man sich durchs Internet klickt oder wie man per Handy einen Grand Prix entscheidet, das wissen heute schon Vorschulkinder. Wie man aber all diese Möglichkeiten gebraucht ohne missbraucht zu werden, das ist ein weiteres Feld. Diesen Fragen gebührt viel mehr Aufmerksamkeit, als bislang praktiziert.
3.
Hinzu kommt ein weiteres Problem, die PDS im Bundestag mahnt es immer wieder an. Mit der so genannten Informationsgesellschaft wachsen die technischen Möglichkeiten, Herr fremder Daten zu werden. Im selben Tempo nehmen die Begehrlichkeiten zu, persönliche Daten zu sammeln. Leider nimmt auch die Naivität vieler zu, mit der sie Daten und damit ihre Persönlichkeit preisgeben.
Es wäre daher eine Aufgabe der Politik, Riegel dagegen zu schieben und mehr Aufklärung zu fördern. In Praxi geschieht das Gegenteil, leider auch durch Rot-Grün. Der Datenschutz ist zum Stiefkind des Schicksal geworden.
Wer ein Handy benutzt, wer im Internet surft, wer sich im Auto navigieren lässt oder mit einer Kunden-Card auf Rabatte hofft, hinterlässt Spuren, die eifrig gesammelt, gebündelt und vermarktet werden. Die nächste Generation solcher Schnüffel-Chips wird bereits millionenfach produziert und ist in Erprobung.
Sie werden nicht nur geschäftstüchtig eingesetzt, sondern auch von Staats wegen. Darüber aber lese ich wenig im vorliegenden Aktionsprogramm Informationsgesellschaft Deutschland 2006 - wieso?
Ich rede nicht gegen den Chip. Er ist für sich unschuldig. Und das Internet brauche ich für die Arbeit wie mein Handy. Aber das macht mich nicht blauäugig gegenüber den Gefahren für die Gesellschaft und für die Demokratie. Sie ziehen nicht nur Nutzen, sie sind auch höchst gefährdet.
[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei
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