Ausbildungs-Dilemma wächst

Bundestag, 12. Dezember 2003, Top 17 - Beratung des Antrags der CDU/CSU „Stärkung der dualen Berufsausbildung in Deutschland durch Novellierung des Berufsbildungsrechts“
Rede von Petra Pau

(es gilt das gesprochene Wort)

1.

Wir haben zuletzt vor drei Monaten über die Berufsausbildung debattiert. Die PDS hat damals zwei Dinge gefordert: Akut eine Ausbildungs-Umlage, und grundsätzlich eine Ausbildungs-Reform.

Eine Ausbildungs-Umlage ist von jenen Unternehmen zu entrichten, die ausbilden könnten, es aber nicht tun. Und sie muss jenen zugute kommen, die ausbilden wollen, es aber nicht können.

Eine Ausbildungs-Reform ist seit Jahren überfällig, um den Ansprüchen des 21. Jahrhunderts und den Erwartungen der Lernenden selbst gerecht zu werden.

2.

Seither, seit unserer Debatte im September, sind zwei Dinge passiert:

a) Die Regierung setzte damals noch auf ihre Ausbildungsplatz-Offensive und auf wiederholte Versprechen der Unternehmer. Die Hoffnung trog. Es fehlen noch immer Tausende Ausbildungsplätze.

b) Die SPD hat auf einem Parteitag zum x-ten Mal mit einer Ausbildungsumlage gedroht. Auch diese Hoffnung trügt. Es fehlen noch immer konkrete Schritte, sie sind auch nicht in Sicht.

Genau betrachtet ist also nichts passiert. Das Dilemma wird verlängert.

Und doch ist etwas passiert: Erneut werden Zig-Tausende junge Menschen enttäuscht und um ihre Hoffnung betrogen.
Das ist das eigentliche Dilemma und damit wird sich die PDS im Bundestag nicht abfinden.

3.

Alle Kameras, alle Mikrofone sind derzeit auf den Vermittlungs-Ausschuss gerichtet. Jeder Deut wird gedeutet, jeder Pups wird gewogen. Und aus alledem werden höchst-wichtige Sonder-Sendungen gemixt.

Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass bei allem Geschacher zwischen SPD und CDU, zwischen Bund und Ländern das Wort „Ausbildung“ überhaupt nicht vorkommt?

Beide Seiten, die Regierungs-Koalition und die Opposition zur Rechten, reformieren und reformieren und reformieren. Nur: Besser wird Nichts. Auch nicht für jene, die nur eine Ausbildung suchen.

4.

Der „Spiegel“ hat vor Wochen eine kühne These aufgestellt. Kurz gefasst lautet sie: Der Osten wird alt und dumm. Gemeint sind die neuen Bundesländer. Noch schlimmer ist: Die These fußt auf Fakten.

Immer mehr Leute wandern gen West, die jungen, die flexiblen, die gebildeten. Sie suchen ihr Glück in der Ferne, weil ihre Chancen daheim schwinden. Und sie müssen es, weil sie sonst von Staats wegen bestraft werden.

Das ist die Logik, die der Agenda 2010 innewohnt, die in den Hartz-Gesetzen steckt und die Rot-Grün vollstreckt. Sie betrifft auch jene, die einen Ausbildungsplatz suchen. Und sie trifft nicht nur junge Leute im Osten.

5.

Insofern ist doch etwas passiert, seit wir im September über die Ausbildungsplatz-Misere diskutiert haben.

Rot-Grün folgt entschlossener denn je einem fatalen Kurs. Er entlastet die Verantwortlichen und er belastet die Betroffenen. Dagegen ist die PDS. Unsere Alternative liegt vor - als „Agenda sozial“.

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

12.12.2003
www.petra-pau.de

 

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