Petra Pau, PDS im Bundestag

Offener Brief an die Protest-Initiativen gegen die IMK in Jena

Berlin, 20. November 2003

1998 begann die Diskussion über ein neues, modernes Einwanderungs-, Migrations- und Flüchtlingsrecht. Zumindest war das eine Hoffnung, die viele mit dem Wahlsieg von Rot-Grün verbanden.

Seither sind fünf Jahre vergangen. Die Bilanz ernüchtert. SPD und Grüne suchten einen Kompromiss mit der CDU und CSU. So bleibt fast alles beim Alten - eine weitere Enttäuschung.

Mehr noch: Im Rahmen der EU blockiert gerade die deutsche Regierung Regelungen, die anderswo Standard werden und völkerrechtlich geboten sind. Sie betreffen allesamt „Menschen in Not“.

Keiner gefolterten Frau ist zu vermitteln, warum ihr Leid sich danach richten soll, ob es staatlich verfügt oder nur staatlich geduldet wurde. Ein Beispiel, der Widersinn deutschen Rechts oder geltenden Unrechts lässt sich vielfach belegen.

Noch unwürdiger ist die alltägliche Praxis. Flüchtlinge werden in Kriegs- und Krisenregionen abgeschoben - aktuell in den Irak, in den Kongo, nach Tschetschenien, nach Ex-Jugoslawien.

Die vorgebliche Sorge um Menschenrechte, mit der die Bundeswehr in Marsch gesetzt wird, entlarvt sich spätestens beim heimischen Umgang mit Menschen, die um ihr Leben flüchteten, als Lüge.

Zu den Betroffenen gehören Menschen, die seit Jahren in Deutschland leben, hier eine neue Heimat suchten und oft auch fanden. Sie werden dennoch ausgegrenzt, wie zunehmend Kranke, Arbeitslose, Alte auch.

Asylsuchende werden abgespeist, Menschen werden illegalisiert und traumatisierte Flüchtlinge, schwangere Frauen, Familien mit Kleinkindern werden ins Ungewisse abgeschoben.

Das alles ist deutsche Alltagspolitik und die IMK, die Konferenz der Innenminister, droht mit weiteren Verschärfungen. Dagegen lohnt jeder Protest.

In Mecklenburg-Vorpommern wurde die unwürdige Residenzpflicht für Asylsuchende soweit aufgehoben, wie es das Landesrecht vermag. In Berlin wurde die Abschiebung von Roma gestoppt, Flüchtlinge ziehen in Wohnungen und Asylbewerber müssen nicht mehr per Zwangs-Chip Lebensmittel begehren.

Das alles reicht nicht. Aber es belegt Richtungen, Alternativen, die humanen Grundsätzen folgen und obendrein nicht mal mehr Geld kosten. Ich verstecke die PDS-Handschrift daran nicht, im Gegenteil.

Die Jenaer IMK lässt Anderes befürchten. Dagegen habe ich für die PDS im Bundestag Mindestforderungen formuliert. Sie heißen:
 

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Keine Abschiebungen nach Afghanistan, in den Irak, in den Kongo, nach Tschetschenien und in andere Kriegsgebiete.

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Abschiebestopp für Roma nach Ex-Jugoslawien, zumindest im Winterhalbjahr.

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Bleiberecht für traumatisierte, kranke oder behinderte Flüchtlinge, für Schwangere und Familien mit Kindern, die seit Jahren hier leben.

Das ist weit weniger, als ein modernes Einwanderungs-, Migrations- und Flüchtlingsrecht, für das ich weiter streiten werde. Aber es wäre ein Minimum für Menschen in Not, die auf uns setzen.

Ich kenne sehr viele, die sich für „Menschen in Not“ engagieren. Dabei meine ich nicht die TV-Show, wo Promis sich generös präsentieren. Mein Angebot gilt den selbstlosen Initiativen vor Ort, aufmüpfigen Kirchenleuten und allen, die sich weder verwalten, noch abschieben lassen wollen.

Mit solidarischen Grüßen

Petra Pau, PDS im Bundestag
 

 

 

20.11.2003
www.petra-pau.de

 

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