Renten-Reform? Raub-Rittertum!

Bundestag, 24. Oktober 2003, Änderung des Sechsten Buches des SGB (Renten-Debatte)
Rede von Petra Pau

1.

Die PDS im Bundestag lehnt die vorliegenden Gesetze ab. Sie wissen es. Denn das, was Rot-Grün als Reform verkauft, ist schlicht Rentenklau.
Das ist schlimm. Obendrein garnieren Sie das Ganze mit dümmlichen Lügen und zwar permanent. Ich will wenigsten drei anreißen.

2.

Sie behaupten, zur Sicherung der Renten müssten alle, auch die Rentnerinnen und Rentner einen Beitrag leisten. Es wäre ungerecht, behaupten sie weiter, das Problem auf die Jüngeren abzuwälzen.

Sie verschweigen dabei, dass die Rentenkürzungen nicht nur die aktuellen Rentnerinnen und Rentner treffen, sondern auch die künftigen. Denn in Wahrheit kürzen sie beiden die Rentenansprüche, den Älteren und den Jüngeren. So weit Lüge Nummer 1.

3.

Sie behaupten weiter, sie müssten die Renten-Ansprüche kürzen, damit die monatlichen Renten-Beiträge die 20-Prozent-Marke nicht überschreiten. Das ist Lüge Nummer 2.

Denn die monatlichen Beiträge liegen längst jenseits der 20-Prozent-Marke, allerdings nur für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

4.

Ich weiß, Sie sprechen nicht mehr gern von der „Riester-Rente“. Aber Sie haben schon damals die Renten deutlich gesenkt. Und Sie haben gesagt: Wer dennoch Renten wie vordem beziehen will, dem empfehlen wir eine Zusatzversicherung, die so genannte Riester-Rente.

Wer aber für die Riester-Rente einzahlt, der kommt - addiert - schon jetzt auf Rentenbeiträge jenseits der 20 Prozent

Übrigens: Wenn ich gefragt werde, was denn die Riesterrente sei, dann sage ich immer: „Stellen Sie sich vor, ein Taschendieb klaut Ihnen die Geldbörse und bietet Ihnen anschließend eine Versicherung gegen Taschendiebe an. Das ist die Riester-Rente.“

5.

Nun zur dritten Lüge: Sie bedauern, dass Sie die Rente kürzen müssen, aber schließlich müssten alle Opfer bringen - sagen Sie. Ich weiß nicht, was Sie unter ALLE verstehen? Würden Sie mit ALLE wirklich ALLE meinen, dann hätten Sie alle Chancen für eine wirkliche Reform.

Aber Sie meinen mit ALLE immer nur die Bedürftigen und die Betroffenen. Denn im selben Zuge, da sie die Renten kürzen und die Beiträge erhöhen, senken Sie die Sozialbeiträge der Unternehmen.

6.

Vor Jahresfrist gab es eine Initiative von Euro-Millionären. Sie boten von sich aus an, einen höheren Beitrag für den Sozialstaat und für die Solidarsysteme zu leisten. Bislang gibt es allerdings keine Initiative von Rot-Grün, geschweige denn von Schwarz-Gelb, dieses Angebot aufzugreifen.

7.

Dabei lohnte es sich. Es gibt in Deutschland nicht nur über 4 Millionen Arbeitslose, es gibt inzwischen auch 370.000 €-Millionäre. Die wiederum verfügen insgesamt über ein Vermögen von 4 Billionen €. Das ist im Vergleich zu den irdischen 2 Mrd. €, über die wir akut streiten, ein Universum.

Würden diese €-Millionäre nur 1 Prozent ihres Vermögens als „Not-Cent“ leisten, dann wären das 40 Milliarden € - Tendenz steigend und zwar jährlich.

8.

Diese Rechnung blendet Rot-Grün aber komplett aus. Stattdessen darf ein namhafter Politiker von der Opposition zur Rechten bei "Christiansen" unwidersprochen sagen (Zitat):
„Deutschland ist in den letzten Jahren ärmer geworden.“ Armes Deutschland, das so belogen wird.

9.

Natürlich muss es eine Reform im Renten-System geben - das fordert die PDS seit Jahren - aber eben eine Reform, keine Deform.

Das beginnt damit, dass besser Verdienende in die allgemeine Rentenkasse einbezogen werden. Das verlangt, den Arbeitgeberanteil vom Lohn abzukoppeln und an den Gewinn anzudocken. Und das Ganze muss gerecht und solidarisch sein.

Dafür gibt es Alternativen. Sie sind durchgerechnet und machbar.

10.

Das aber, was heute beraten wird, hat weder etwas mit Reformen, noch mit Gerechtigkeit zu tun. Das ist rot-grünes Raubrittertum.

Auch deshalb hoffe ich sehr, dass am 1. November möglichst viele zur bundesweiten Demo nach Berlin kommen und gegen diesen Sozialabbau protestieren.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

16.10.2003
www.petra-pau.de

 

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