Ja zur EU-Ost-Erweiterung

Bundestag, 3. Juli 2003, Debatte zur EU-Osterweiterung
Rede von Petra Pau

1. Grundsätzlich

Die PDS im Bundestag hat die EU-Ost-Erweiterung grundsätzlich immer befürwortet. Im Unterschied zur Ost-Erweiterung der NATO, die wir für falsch hielten und halten.

2.

Das Ob der EU-Ost-Erweiterung war daher nicht unsere Frage, wohl aber das Wie. Wie soll der Beitritt neuer EU-Länder vollzogen werden. Wie und Wohin soll sich die EU insgesamt entwickeln?

3. Sozialunion

Die PDS hat immer dafür geworben, dass die EU eine demokratische Sozial-Union mit einer friedensbewahrenden Außen- und Sicherheitspolitik wird. In diesem Sinne hat auch die PDS-Abgeordnete Sylvia-Yvonne Kaufmann für die europäische Linke im Konvent agiert.

4. Volksabstimmung

Der Konvent hat den Entwurf einer EU-Verfassung vorgelegt. Das ist gebührend gefeiert worden. Wichtiger ist allerdings etwas ganz anderes.

Deshalb begrüße ich, dass nach der PDS nun auch die FDP-Fraktion Volksabstimmungen über die künftige EU-Verfassung fordert. Nur so können sich die Bürgerinnen und Bürger die erweiterte EU erschließen und in ihr mitbestimmen.

5. EU-Drohung

Wer eine erweiterte EU will, der muss auch für sie werben - nicht nur zu fernen Foto-Terminen, sondern daheim, im Alltag. De facto geschieht das Gegenteil.

Nehmen wir den Metaller-Streik der letzten Wochen. Es ging um die Angleichung der Lebensverhältnisse-Ost an die im Westen. Die Botschaft an die Streikenden war: Wenn ihr aufmuckt, dann wandern die Arbeitsplätze weiter gen Ost. So wird die osterweiterte EU als Drohung aufgebaut und nicht als Chance.

Zu den Ängsten gehört auch die Frage, ob und wie struktur-schwache Gebiete in den neuen Bundesländern durch die EU künftig noch gefördert werden. Denn allein dadurch, dass die erweiterte EU noch größere Problem-Regionen kennt, werden Sorgen zwischen Rügen und Thüringen natürlich nicht kleiner.

6. Innovation-Ost

Die Arbeits-Minister in Berlin und Mecklenburg Vorpommern, Harald Wolf und Helmut Holter, haben deshalb ein Innovations-Programm für die Neuen Bundesländer vorgestellt. Es ist ein Diskussions-Angebot der PDS, wie die neuen Bundesländer wirtschaftlich gestärkt und sozial stabilisiert werden können - auch und gerade vor dem Hintergrund der EU-Ost-Erweiterung. Die Reaktion darauf, auch die der Bundesregierung:
Bislang Null, ich sage: arrogant Null!

7. Grenzsicherheit

Nun komme ich zum vorliegenden Antrag der CDU/CSU. Er trägt die Überschrift: „Bundesgrenzschutz für die EU-Ost-Erweiterung tauglich machen“. Mit ihm sollen die Sicherheit der Bürger gewahrt, der Schutz vor Kriminalität erhöht werden. So weit, so gut, denn wer wollte das nicht?

Dann aber kommt das ganze Arsenal der sattsam bekannten bayerischen Instrumente. CDU und CSU wollen den Bundesgrenzschutz hochrüsten und seine Befugnisse ausweiten. Sie verdächtigen noch mehr Menschen, ohne Anlass. Sie schüren Misstrauen gegen alle, die nicht deutsch aussehen. Sie fordern Sondereinsatzrechte auf Flughäfen und Bahnhöfen. Sie wollen noch mehr überwachen, im Inland und EU-weit. Und Sie streben eine europäische Sicherheits-Ordnung an, die - nach allen bisherigen Regelungen - weder demokratisch legitimiert, noch parlamentarisch kontrollierbar ist.

Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass Sie namens der EU-Ost-Erweiterung Grenzregime und Zustände fordern, die Sie zu Ost-Block-Zeiten scharf kritisiert haben?

Die PDS im Bundestag lehnt das jedenfalls - aus Erfahrung klug - strikt ab!

Schluss-Satz:

Die EU-Ost-Erweiterung naht mit Riesen-Schritten. Sie darf für die Bürgerinnen und Bürger nicht hereinbrechen oder über sie kommen. Sie muss Willkommen werden. Dafür gibt es aber erheblich Mehr und Anderes zu tun, als bisher. Zugleich darf die EU-Ost-Erweiterung nicht für Interessen missbraucht werden, die einer friedliebenden, demokratischen und sozialen EU entgegenwirken.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

3.7.2003
www.petra-pau.de

 

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