Metaller-Streik

Bundestag, 26. Juni 2003, Aktuelle Stunde auf Verlangen CDU/CSU,FDP
„Haltung der Bundesregierung zu den Streiks in den neuen Bundesländern und deren Auswirkung auf den Wirtschaftsstandort Deutschland“
Rede von Petra Pau

1.

Zwei Argumente gegen den Streik will ich gleich beiseite räumen.

a) Es ist die falsche Zeit! Richtig ist: Ich habe von Arbeitgeberseite noch nie gehört, jetzt sei die richtige Zeit für Arbeitskämpfe. Das wäre auch schizophren.

b) Der Streik vernichtet Ost-Vorteile! Richtig ist: In den Neuen Bundesländern wird für weniger Geld mehr gearbeitet als in den alten. Die Arbeitslosigkeit ist dennoch immens höher. Die Logik der Billiglohn-Propheten stimmt also nicht.

2.

Mich bewegen andere Fragen. Zum Beispiel:

a) „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ ist eine uralte und mitnichten überholte Forderung. Was also setzt die Streikenden ins vermeintliche Unrecht, obwohl sie nichts anderes wollen?

b) Die Angleichung der Ost-Löhne an die west-üblichen ist ein erklärtes Ziel der rot-grünen Regierung. Warum also wenden sich Minister derselben Regierung dagegen?

c) Das Grundgesetz gilt für alle und fordert, dass alle gleichbehandelt werden. Gilt dieses Gebot für Ossis nicht?

3.

Der Ost-Streik ist ein West-Problem. Nicht so sehr, weil Zulieferketten reißen. Viel mehr, weil die gegenwärtigen Ost-Miss-Stände die künftige West-Regel sein werden.

4.

Sie könnten das dementieren, Herr Minister Clement. Aber Sie tun es nicht und Sie wären auch wenig glaubwürdig, wenn Sie es täten. Sie wurden vom Bundeskanzler als soziale Abbrechstange berufen und als solche leisten Sie ganze Arbeit.

5.

Ich will ihrer gedämpften Empörung mit einem Beispiel nachhelfen. Im Streit zwischen der IG-Metall und den Unternehmern waren sie schnell Partei, gegen die Streikenden.

Im zeitgleichen Streit um mehr Ausbildungsplätze für Jugendliche und damit um eine Ausbildungsplatz-Abgabe wollten Sie keine Partei sein. Sie meinten: Das sollen mal die Tarif-Partner klären.

6.

Gegen die eine Seite „Brechstange“ und mit der anderen „Warmduschen“, das gibt zwar ein Profil. Aber kein soziales, kein demokratisches, kein gutes.

Deshalb können wir uns gerne über den aktuellen Metaller-Streik im Osten streiten. Aber bitte ohne Schein-Heiligen-Schein.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

26.6.2003
www.petra-pau.de

 

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