Gegen Bundeswehr im Kongo

Bundestag, 18. Juni 2003,
TOP 3: Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem EU-geführten Einsatz zur Stabilisierung der Sicherheitslage und Verbesserung der humanitären Situation in Bunia auf der Grundlage der Resolution 1484 (2003) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 30.05.2003
Rede von Petra Pau

1. 

Wir halten ein Eingreifen der UNO im Kongo für dringend geboten. Es war Sinn und Zweck der UNO, Kriege und Völkermorde möglichst zu verhindern. Wir haben es im Kongo mit Kriegen und Völkermord zu tun. Sie müssen umgehend beendet werden.

2. 

Wir entscheiden heute ob und wie sich die Bundesrepublik Deutschland daran beteiligen soll. Der vorliegende Antrag geht von einem befristeten Einsatz aus, es geht um ein begrenztes Kontingent, es geht vorwiegend um Sanitäts- und Transportaufgaben. Gegen diese Hilfe kann an sich kein vernünftiger Mensch etwas haben.

3. 

Der Antrag führt aber zu einer weitergehenden Frage. Ich will sie illustrieren. Ein Ratgeber drängte mich dieser Tage, „ohne Wenn und Aber mit Nein“ zu stimmen. Ich wollte wissen, was er gegen ein Sanitätsflugzeug nebst Personal habe? Er sagte: „Militär ist Militär!“ Daraufhin fragte ich ihn: „Und wenn dasselbe Flugzeug mit demselben Personal durch das Rote Kreuz oder das Technischen Hilfswerk geschickt würde?“ Das wäre sicher nur ein Trick, meinte er. Allerdings schien er nicht mehr so sicher.

4. 

Damit wäre ich allerdings bei einem ernsten Kritik-Punkt. Der zu beschließende Einsatz hat einen konkreten Anlass, es geht um Menschen im Kongo. Er hat aber auch einen ebenso konkreten Hintergrund: Die beschlossene Militarisierung der EU-Außen- und Sicherheitspolitik. Und dabei geht es mitnichten (nur) um humanitäre Hilfen, im Gegenteil. Es geht, um militärische und kapitale Einfluss-Sphären.

5. 

Ich kann das warnende Argument nicht entkräften, wonach der bevorstehende Einsatz dazu dient, künftige Militärinterventionen vorzubereiten.
 
Rot-Grün könnte es, aber Sie tun es nicht. Sie bräuchten nur auf ein EU-Programm drängen, das auf weltweite Entwicklungshilfe und Konfliktvermeidung setzt, das dafür die europäischen Ressourcen bündelt und das einer weiteren Militarisierung entsagt.
 
Ein solches Programm gibt es aber nicht. Obwohl es ein wirksamerer Beitrag zur Stärkung der UNO wäre und künftige „Kongos“ oder "Ruandas" vermeiden könnte.

6. 

Die Zweifel werden durch einen weiteren Umstand genährt. Es gibt ein UNO-Mandat für den Kongo. Viele, die sich auskennen, sagen: „Es ist zu schwach, es fehlt an Mitteln, an Konsequenz.“ Naheliegend wäre also, es zu stärken, politisch, personell, finanziell.
 
Doch das passiert nicht. Stattdessen wird ein zweites, ein Parallel-Mandat erlassen, wird die EU ermächtigt, militärisch selbstständig einzugreifen. Warum? Der Antrag der Bundesregierung meint, um das erste Mandat der UNO zu stärken. Diese Umweg-Logik verschließt sich aber nicht nur mir, sie nährt Zweifel an ihrer Redlichkeit.

7. 

Hinzu kommt, dass Minister Struck schon jetzt über eine Ausweitung des Einsatzes philosophiert. Anders gesagt: mit dem vorliegenden Antrag wird taktiert, er ist das berühmte Scheibchen einer verdeckten Salami.

8. 

Schließlich, um auch das klar zu stellen: Ich höre und lese ja die Kritiken, die aus den Reihen der CDU/CSU kommen. In der Konsequenz unterscheiden sie sich allerdings diametral von dem, was wir wollen.
 
Die Opposition zur Rechten pokert um mehr Mittel für die Aufrüstung der Bundeswehr und für eine militärische Interventions-Truppe der EU, die weltweit agieren kann und zum Präventivschlag bereit ist. Wir fordern das Gegenteil. Wir wollen Militär-Euro in Human-Kapital umwidmen.

Fazit: Wir lehnen den vorliegenden Antrag ab.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

18.6.2003
www.petra-pau.de

 

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