NATO-Sackgasse

Bundestag, 5. Juni 2003, NATO-Erweiterung
Rede von Petra Pau

1.

Wir reden über die Zukunft der NATO, einem Militär-Pakt. Mit dem Ende des kalten Krieges war ihm der Sinn abhanden gekommen. Heute soll er höher geweiht werden.

Sie nennen das alternativlos, sie nennen das unverzichtbar, sie nennen das historisch.
Die PDS im Bundestag hingegen hält das schlicht für falsch.

2.

Der Krieg gegen die Irak hat eines verdeutlicht:
Die weitere Militärisierung des Politischen führt in eine historische Sackgasse. Das löst keine Probleme, es mehrt sie ins Unerträgliche.

3.

Nun hat Dr. Ludger Volmer (Bündnis 90/Die Grünen) vor Wochen daran erinnert, dass es 1990 zwei Perspektiven gab. Entweder die NATO wird als Hegemon weiter ausgebaut oder es wird ein wirkliches System kollektiver Sicherheit geschaffen.

Können Sie sich daran erinnern, wann der Bundestag zuletzt und ernsthaft über ein wirkliches System kollektiver Sicherheit diskutiert hat? Ich vermute, selbst die Ältesten unter Ihnen werden Erinnerungslücken zeigen - müssen.

4.

Ludger Volmer meint, man habe einen Mittelweg gefunden. Man tue beides. Verkürzt gesagt: Hegemon und Sicherheit. Mich erinnert das fatal an das Römische Reich und Sie wissen, wie das endete.

Allerdings: Damals wurde mit Schwert und Schild gekämpft. Heute bedrohen uns welt-vernichtende Waffen. Die Losung - Frieden schaffen ohne Waffen - hat nichts von ihrer Brisanz eingebüßt, im Gegenteil!

5.

Wir reden hier übrigens - fast nebenbei - über einen Verfassungsbruch. Denn das Grundgesetz enthält ein Friedensgebot. Es beschränkt die Bundeswehr auf die Landesverteidigung. Daran ändert auch eine erweiterte NATO nichts.

Innenminister Schily (SPD) hat vor wenigen Wochen den Jahresbericht 2002 des Verfassungsschutzes vorgestellt. Darin wird die Friedensbewegung gegen den Irak-Krieg als staats-gefährdend aufgeführt. Sie sollten den Millionen, die demonstriert haben, endlich sagen, Kollege Schily, warum?

6.

Minister Struck (SPD) hat jüngst seine verteidigungspolitischen Grundlinien vorgestellt.

Darin findet die Verteidigung der Bundesrepublik künftig weltweit, je nach Gutdünken oder Interessenlage, statt.

Damit, Herr Minister Struck, müssten Sie zumindest ein Prüffall für die Verfassungsschützer ihres Minister-Kollegen Schily sein. Ich hoffe, er hat sie davon unterrichtet.

7.

Parallel dazu wirbt die CDU/CSU für ein militärisches Erstschlagsrecht. Also genau das, was die US-Führung für sich im Irak und anderswo - wider allen Völkerrechts - in Anspruch nimmt.

Deshalb wiederhole ich:
Eine falsche NATO wird nicht besser, wenn sie größer wird. Und eine falsche Politik wird nicht richtig, nur weil SPD und Grüne sowie CDU und CSU den militärischen Gleichschritt üben.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

5.6.2003
www.petra-pau.de

 

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