Für Volksabstimmungen zur EU-Verfassung

Bundestag, 8. Mai 2003, Debatte zur Europäischen Verfassung
Rede von Petra Pau

1.

Ende Juni wird der Konvent den Entwurf einer EU-Verfassung vorlegen. Er betrifft alle EU-Staaten und natürlich alle Bürgerinnen und Bürger der EU.

Insofern ist es höchste Zeit, dass der Bundestag sich damit befasst und eigene Ansprüche deutlich macht.

Und es ist unsere Sache, die EU-Verfassung so in die Öffentlichkeit zu bringen, dass sie wahr- und angenommen werden kann.

2.

Damit komme ich zu einem Punkt, der im Antrag der Regierungs-Koalition eher versteckt steht. Zitat:

„Der Deutsche Bundestag bittet den Konvent zu prüfen, wie die Bürgerinnen und Bürger unmittelbar im Wege eines Bürgerentscheids über die Annahme der europäischen Verfassung entscheiden können.“

Ich finde: Der Bundestag sollte klarer dafür plädieren, dass die EU-Verfassung in Volksentscheiden angenommen wird.

Das wäre der Größe angemessen und obendrein demokratischer.

3.

Der Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen beginnt mit einem Bekenntnis zur EU. So weit, so gut. Allerdings sollten sie ihre Euphorie etwas bremsen.

Sie lobpreisen als Erfolgs-Story, dass alle Bürgerinnen und Bürger der europäischen Union „in Frieden, Freiheit, Sicherheit und Wohlstand leben können“.

Muss ich sie extra an die rund 5 Millionen Arbeitslose hierzulande und weit über 20 Millionen EU-weit erinnern?

Gerade deshalb wiederhole ich die Auffassung der PDS: Die EU braucht vor allem eine starke soziale Komponente, in der Verfassung, im wahren Leben, in der Zukunft.

4.

Es war zu erwarten, dass die angestrebte gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik von besonderer Relevanz ist - spätestens seit dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der USA gegen den Irak.

Der Ruf nach einer gemeinsamen europäischen Stimme ist daher sehr verständlich. Die Frage ist nur, was das Gemeinsame, Einende ausmacht.

Ich kann für die PDS nur wiederholen und warnen:
Es darf nicht darum gehen, der Militärmacht USA Paroli zu bieten, es darf auch nicht darum gehen, der Militärmacht USA zu folgen, es muss darum gehen, sich mit zivilen Ansprüchen von einer falschen USA-Politik zu emanzipieren.

5.

Die Chance der EU liegt darin, dass sie wichtige Grundsätze der künftigen Verfassung tatsächlich ernst nimmt.

Dazu gehört das Bekenntnis zur „Nachhaltigkeit“, dazu gehört das Engagement für "Vollbeschäftigung", dazu gehört die „Erhaltung des Friedens nach innen wie nach außen“.

Wir werden uns von dieser Vision allerdings noch weiter entfernen, wenn sie an der Agenda 2010 des Kanzlers festhalten. Sie ist unsozial und - gemessen an der künftigen Verfassung - anti-europäisch.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

8.5.2003
www.petra-pau.de

 

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