Deutschland darf sich weder direkt, noch indirekt an einem Krieg im Irak beteiligen

Bundestag, 13. Februar 2003, Debatte zur aktuellen internationalen Lage
Rede von Petra Pau

Warum reden wir eigentlich nicht Klartext? Denjenigen, die meinen, jetzt sei Krieg angesagt, geht es nicht um Menschenrechte. Es geht ihnen auch nicht um einen Diktator namens Hussein. Es geht um eine militärische Neuordnung der Welt, wieder einmal.

Ich stimme allen zu, die sagen: Die Welt muss neu und besser geordnet werden. Ich stimme auch allen zu, die sagen: Menschenrechte sind ein unteilbares Gut. Und ich stimme allen zu, die sagen: Gerechtigkeit, allemal soziale, ist ein hoher, aber durch Diktatoren wie Saddam Hussein unterdrückter Wert.

Aber all das steht nicht auf der Tagesordnung, auch nicht in der Debatte, die wir heute Vormittag hier führen. Der Streit geht darum, ob Deutschland den Vorhaben und den Vorgaben der USA-Administration folgen soll oder nicht.

Die CDU/CSU will dabei sein, an der Seite von Bush und Rumsfeld, notfalls gegen die UNO. Die PDS will das nicht. Soweit ich es beurteilen kann, will es Rot-Grün auch nicht. Aber viel wichtiger ist: Dreiviertel aller Deutschen wollen das nicht.

Ich komme gleich direkt zur Irak-Frage. Vorher will ich allerdings noch auf Vorwürfen eingehen, die offensichtlich aus der Propaganda-Zentrale der CDU stammen. Es ist absurd, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie erneut die „anti-amerikanische“ Keule gegen alle schwingen, die einem Kriegs-Kurs nicht folgen wollen.

Nach demselben Denk-Muster wären Sie „anti-französisch“. Frau Merkel, Ihr Stiefvater, Herr Adenauer würde Sie enterben, wenn er das, was Sie heute hier aufführen, noch erleben müsste.

Genauso gefährlich ist der Versuch, Europa in ein altes und ein neues Europa, je nachdem, welcher Staat den Befehls-Wünschen der USA folgt oder nicht, einzuteilen.

Ich finde, ein altes Europa mit einem neuen Denken ist besser als eine neue Welt mit einem alten Denken. Deutlicher gesagt: Krieg löst keine Probleme. Kriege potenzieren Probleme. Das gilt auch in Bezug auf den Irak.

Deshalb sollte der Bundestag heute einen einzigen, klaren Satz beschließen:

„Deutschland wird sich weder direkt, noch indirekt an einem Krieg im Irak beteiligen.“

Mit einem klaren Ja zu diesem schlichten, aber sehr wichtigen Satz wären Sie übrigens auch wieder auf dem Boden des Grundgesetzes. Den verlassen Sie nämlich, wenn Sie über eine Kriegsbeteiligung jenseits des Völkerrechts reden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU, Sie haben sich vorhin sehr aufgeregt. Wer aber über Präventivkriege schwadroniert, wie Sie es tun, der bewegt sich jenseits des Völkerrechts und des Grundgesetzes. Deshalb ist der Vorwurf, Sie befänden sich auf Kriegspfaden, so unbegründet nicht. Sie selbst bieten doch die Argumente für solche Vorwürfe.

Wir reden hier übrigens nicht nur über einen möglichen Krieg gegen den Irak. Wir debattieren auch über die Zukunft der UNO. Die US-Führung hat unmissverständlich erklärt: Ist die UNO mit uns, dann ist das okay, ist die UNO nicht mit uns, dann ist das egal. Wer vor diesem Hintergrund wie Sie von der Opposition zur Rechten die bedingungslose Solidarität einfordert, der startet zugleich einen Angriff auf die Vereinten Nationen.

Die PDS ist grundsätzlich gegen einen Krieg, das ist bekannt. Ich bin fest davon überzeugt, dass am nächsten Samstag Millionen Menschen - unter anderem auch in Berlin ab 12 Uhr - erneut ihr Nein zum Krieg demonstrieren werden. Ich fände es gut, wenn sich viele von uns dort wiederfinden würden, um gemeinsam mit den vielen Menschen, die sagen, dass Krieg kein Mittel ist, auf die Straße zu gehen, um das sehr deutlich zu unterstreichen. Danke schön.
 

[download] Stenographischer Bericht, rtf-Datei

 

 

13.2.2003
www.petra-pau.de

 

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