Herrn Jerzy Jaskiernia
Vorsitzender
des Parlamentarischen Klubs der SLD
im Sejm der Republik Polen
Warszawa
Fax: 004822 6948423
E-mail: kp-sld@sejm.pl

Berlin, 23. Januar 2003

Sehr geehrter Herr Fraktionsvorsitzender,

in einer Zeit, in der der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika George W. Bush ungeachtet der Einwände und Warnungen vieler Politiker und Parlamentarier einen Militärschlag gegen den Irak führen will, war es für uns von großer Bedeutung und Freude von Ihrer gestrigen Rede im Sejm zu hören.

Wir stimmen mit Ihnen darin überein, dass eine Lösung des Konflikts mit dem Irak Zeit und Geduld braucht, dass eine friedliche Lösung gefunden werden muss. Das haben auch der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder und der französische Präsident Jacques Chirac gestern auf der historischen, ersten gemeinsamen Festsitzung der Parlamente beider Staaten gefordert, die anlässlich des 40. Jahrestages der Unterzeichung des Elysée-Vertrages über die Aussöhnung zwischen beiden Ländern in Versailles stattfand und an der wir teilgenommen haben.

Unsere Partei, die PDS, unterstützt den Bundeskanzler in seiner Ablehnung einer Beteiligung Deutschlands an diesem Krieg, weil wir dies seit langem selbst fordern. Diese seine Position spiegelt zugleich auch die Meinung der übergroßen Mehrheit der Menschen in unserem Lande wieder. Zugleich sind wir auch der Meinung, dass die Erklärungen des deutschen Bundeskanzlers, so mutig sie sind, noch nicht ausreichen. Auch die indirekte Beteiligung unseres Landes an einem Angriffskrieg durch die Öffnung deutschen Luftraumes für US-Kriegseinsätze und die Erlaubnis zur Nutzung von US-Basen auf deutschem Boden widerspricht dem deutschen Grundgesetz und darf nicht zugelassen werden.

Wir wissen aber auch, dass es angesichts des internationalen Drucks für die Rot-Grüne Bundesregierung nicht leicht ist, bei ihrem im Bundestagswahlkampf 2002 bezogenen Nein zu einer deutschen Beteiligung an einem potentiellen Krieg gegen den Irak zu bleiben. Dazu benötigen der Kanzler und der Außenminister die Öffentlichkeit und eine Resonanz auch über die deutschen Grenzen hinaus.
Deshalb sollten nicht solche Meinungsverschiedenheiten in dieser so brisanten und für den Frieden so gefährlichen Situation im Vordergrund stehen, sondern das gemeinsame Streben, der Stimme der großen Mehrheit der Staaten und Völker Geltung zu verschaffen und diesen sinnlosen Krieg in letzter Minute noch zu verhindern. So verstehen wir Ihr Auftreten als Unterstützung der Kräfte, die sich in unserem Lande gegen diesen Krieg wenden. Und Sie haben sicher auch uns gemeint, als Sie forderten, auf die Stimme anderer Völker zu hören.

Die PDS, die wir beide gegenwärtig als Abgeordnete mit Direktmandat im Deutschen Bundestag vertreten, setzt sich nachdrücklich für die friedliche, politische Lösung internationaler Streitfragen ein. Wir sind auch deshalb so vehement gegen diesen Krieg, weil wir sehen, dass durch dieses unilaterale Vorgehen der US-Administration das geltende Völkerrecht mehr und mehr ausgehöhlt und letztlich zerstört, die UNO als legitime Stimme der Staaten immer mehr geschwächt wird und werden soll. Dagegen wenden wir uns mit allem Nachdruck. Das Recht des Stärkeren darf nicht zur Norm der internationalen Beziehungen werden. Krieg darf kein legitimes Mittel der Politik sein.

Über diese und andere Fragen würden wir gern mit Ihnen und Ihrer Fraktion, zu der in der vergangenen Legislaturperiode bereits Kontakte bestanden, ins Gespräch kommen. Wir halten es für äußerst wichtig, dass Polen und Deutschland, zwei Staaten, deren Völker wissen, was Krieg bedeutet, einander beim Eintreten für den Frieden unterstützen.

Mit freundlichen Grüßen

Petra Pau, MdB      Dr. Gesine Lötzsch, MdB

P.S.

Zu Ihrer Information legen wir den Text des „Prignitzer Appells“ gegen den Krieg bei, den die PDS initiiert hat und den bis jetzt bereits fast 1000 deutsche Kommunalpolitiker unterzeichnet haben.

Die ehemaligen Bundestagsabgeordneten Roland Claus, seinerzeit Fraktionsvorsitzender der PDS und Wolfgang Gehrcke, Außenpolitischer Sprecher der Fraktion, jetzt Außenpolitischer Sprecher des Parteivorstandes, die sich gut an die interessanten Gespräche mit Ihnen bei ihrem Besuch im vergangenen Jahr in Warschau erinnern, lassen Sie herzlich grüßen.
 

 

 

24.1.2003
www.petra-pau.de

 

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