Die PDS sagt Nein !

Bundestag, 20. Dezember 2002,Bundeswehreinsatz in Afghanistan
Rede von Petra Pau

Ich möchte vor allem einem Eindruck widersprechen. Dem Eindruck, es handele sich heute um eine Routine-Entscheidung. Dem Eindruck, etwas Begonnenes solle lediglich zu einem guten Ende geführt werden. Und dem Eindruck, der Worte seien genug gewechselt…
Dieser Eindruck trügt und das soll er wohl auch..

Das Afghanistan-Mandat soll verlängert werden. Das deutsche Kontingent soll verdoppelt werden. Und die Bundeswehr soll eine Führungsrolle übernehmen. Das ist keine Routine, sondern eine neue Qualität.

Rot-Grün begrüßt das alles. Die Opposition zur Rechten stimmt im Prinzip zu. Bleibt die PDS im Bundestag - wir lehnen das ab. Das macht den Unterschied!

Erinnern wir uns:
Ausgangspunkt der militärischen Afghanistan-Mission waren die furchtbaren Anschläge in den USA am 11. September 2001. Bin Laden und sein Netzwerk galten als Quelle des Terrors, Afghanistan als Hort weltweiter Verbrechen, die Draht-Zieher des Terrors sollten dingfest gemacht und bestraft werden. Gemessen an diesem Ziel ist der Erfolg eher mäßig, weshalb sie den Sinn der Militär-Operation auch ständig umdeuten.

Wir haben immer gesagt: Der Kampf gegen den Terrorismus lässt sich gewinnen, ein Krieg gegen den Terrorismus nicht. Sie haben den Krieg gewählt und wollen ihn nun ausweiten.

Reden wir Klartext über die humane Mission, die sie ständig bemühen: Die ARD hat Mittwoch Abend eine Reportage des irischen Journalisten Famie Doran gesendet. Es ging dabei um Massaker und Kriegsverbrechen - geduldet und verantwortet durch US-Militärs. Ich habe hier kein Wort gehört von den „Massakern in Afghanistan“, die in dem Film dokumentiert sind, keine Widerrede zu Menschenrechts-Verletzungen, die im Namen der Menschenrechte begangen werden, keinerlei Kritik an den amerikanischen Verbündeten, die daran beteiligt sind.

Hinzu kommt, und ich zitiere Herrn Minister Struck (PK, 5. 12. 2002):
„Landesverteidigung findet heute weit außerhalb des Landes, z. B. am Hindukusch, statt.“ Damit segeln Sie, Herr Verteidigungs-Minister, im kreuz-gefährlichen Sog der neuen US-Doktrin. Sie kreuzen auf völkerrechts-widrigem Terrain. Und sie tun das nicht nur mit Worten. Sie richten die Bundeswehr entsprechend aus und die Bundesrepublik darauf ein. Auch das lehnt die PDS grundsätzlich ab.

Nun sagt Rot-Grün Ja zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr und zugleich Nein zu einer deutschen Beteiligung an einem Irak-Krieg. Beides lässt sich aber weder geografisch, noch militärisch trennen, auch nicht rechtlich.

Oder wollen sie mir ernsthaft das folgende Bild vermitteln?
Die US-Armada wird auf den Irak losgelassen. Die Kommandeure der deutschen Spürpanzer im Kuwait streifen eine Schärpe mit der Aufschrift „keine Gewalt!“ über. Die deutschen Schiffe am Horn von Afrika hissen eine weiße Fahne. Und die deutschen AWACs-Flieger zählen und bedauern lediglich noch die Kolateral-Schäden. Das alles glauben sie doch selbst nicht.

Die Gefahr, dass Deutschland erneut einen Weltbrand zündelt, ist daher riesen-groß, und sei es diesmal nur als Helfers-Helfer. Ohne Not und verantwortungslos hat die Bundesregierung Überflug- und andere Hoheitsrechte abgetreten. Und zwar ausdrücklich auch für den Fall, dass die USA und andere Nato-Staaten einen völkerrechts-widrigen Angriffskrieg gegen den Irak führen.

Mein Kollege Gehrcke hat Sie, Herr Bundeskanzler, deshalb auch nach § 80 Strafgesetzbuch bei der Bundes-Anwaltschaft angezeigt. Es geht um ihren Amtseid, es geht um das Friedens-Gebot im Grundgesetz und um eine friedliche Welt. Auch dieser Debatte versuchen sie stillschweigend auszuweichen.

Im heute diskutierten Antrag zum Afghanistan-Einsatz heißt es lapidar: Er koste 409,6 Millionen Euro. Dafür sei Vorsorge getroffen. Entwicklungs-Ministerin Wieczorek-Zeul sprach unlängst (Bundeskabinett, 13. 11. 2002) über den Wiederaufbau in Afghanistan. Dafür habe die Bundesregierung im Jahre 2002 insgesamt 126 Millionen Euro bereitgestellt.

Rechnen Sie mit: Das Verhältnis zwischen Militär-Einsätzen und humanitärer Hilfe beträgt demnach fast 4 : 1 - zugunsten des Militärischen. Genau das beschreibt ein grundsätzliches Miss-Verhältnis deutscher Politik. Wir kritisieren das. Auch deshalb sagt die PDS im Bundestag erneut Nein!
 

[download] Stenographischer Bericht, rtf-Datei

 

 

20.12.2002
www.petra-pau.de

 

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