PDS bleibt bei Nein!

Bundestag, 15.11.2002,Fortsetzung des Einsatzes bewaffneter deutscher Streitkräfte bei der Unterstützung der gemeinsamen Reaktion auf terroristische Angriffe (Enduring Freedom)
Rede von Petra Pau

1. 

Die PDS im Bundestag hatte vor einem Jahr gegen einen Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan gestimmt - mit guten Gründen. Heute soll das Mandat um ein weiteres Jahr verlängert werden. Wir werden wieder Nein sagen.

2. 

Ich hatte bereits vor Wochenfrist gesagt: Aus Sicht der PDS geht es keineswegs nur darum, einen militärischen Auftrag aufrechtzuerhalten. Es geht um eine neue Qualität. Es geht nunmehr auch offiziell um Kampfeinsätze. Ein weiterer Grund, mit Nein zu stimmen!
Die Bundesregierung hatte eine Woche Zeit, einschlägige Berichte und meine Befürchtung zu widerlegen. Sie taten es nicht. Im Gegenteil: Die Diskussionen der ersten Lesung waren kaum verhallt, da meldeten die Agenturen: Verteidigungsminister Struck will die Einsatzkräfte der Bundeswehr in Afghanistan noch weiter aufstocken. Auch das spricht für Ablehnung.

3. 

Nun umfasst das Mandat „Enduring Freedom“ ja keineswegs nur ein Einsatzgebiet rund um Kabul, also in Afghanistan. Dazu gehören deutsche Spürpanzer, die in Kuwait stationiert wurden, und deutsche Flotten-Verbände, die am Horn von Afrika patrouillieren. Darauf komme ich gleich zurück.

4. 

Dies alles wird mit dem Kampf gegen den Terrorismus begründet. Ein Argument, dass seit gestern noch bedrohlicher klingt. Sie erinnern sich, der Abgeordnete Schäubele (CDU/CSU) hatte ziemlich unverblümt für eine Erstschlags-Option der NATO und damit auch der Bundeswehr plädiert. Ich danke für das offene Wort und sage zugleich: Mir graut vor ihnen!
Die PDS bleibt dabei: Der Kampf gegen den Terrorismus kann gewonnen werden - ein Krieg gegen den Terrorismus hingegen nicht. Diese Überzeugung haben vor einer Woche Hundert-Tausende aus ganz Europa in Florenz demonstriert. Sie sollten ihre Befürchtungen ernster nehmen!

5. 

Auch das gehört zum Gesamtbild: Man muss kein Insider sein, um die Aktion „Enduring Freedom“ und den weiterhin drohenden Irak-Krieg zusammen zu denken.
Ich nehme wohl zur Kenntnis, dass sich die Bundesregierung weiterhin gegen einen Irak-Krieg ausspricht. Sehr zum Groll der Opposition zur Rechten, wie zu hören ist.
Gleich wohl bleibt eine Glaubwürdigkeits-Lücke. Und sie bleibt, solange sie die deutschen Spürpanzer und die vorgeschobenen Kriegsschiffe nicht umgehend zurück beordern.
Oder wollen sie uns weismachen, sie würden dies tun, falls es doch zu einem Krieg der USA gegen den Irak kommt? Jeder möge sich bildlich ausmalen, wie das funktionieren soll.
Deshalb appelliere ich erneut an die Kolleginnen und Kollegen der SPD und von Bündnis 90/Die Grünen: Lehnen sie wenigstens diesen Teil des Mandats ab, ehe es zu spät ist.

6. 

Noch ein weiterer Punkt verdient mehr Aufmerksamkeit, als sie ihm zubilligen. Seit Tagen gibt es ein großes Weh-Klagen über die katastrophale Haushalts-Lage hierzulande.
Vor diesem Hintergrund erklären sie der Öffentlichkeit bitte nur einen Satz. Zitat: „Der Haushaltsausschuss hält den Antrag einvernehmlich für mit der Haushaltslage des Bundes vereinbar.“
Von welcher „Haushaltslage“ sprechen sie? Und was ist „vereinbar“? Sie wissen nicht einmal, wie viele Euro überhaupt im Bundes-Säckel sind. Aber sie beschließen heute forsch über Ausgaben in dreistelliger Millionen-Höhe - noch dazu für gefährliche Militäreinsätze.
Wenn es um Finanzen geht, dann bleibt auch die hilflose Propheterie des Bundesfinanz-Ministers festzuhalten. Er sagte: „Wenn es 2002 bis 2006 Krieg in Irak gibt, dann“ bleibe ohnehin alles unberechenbar. Stimmt!
Aber auch das ist Politik aus dem Toll-Haus. Es bekräftigt unser Nein!
Deshalb höre ich die Worte von Frau Entwicklungsminsterin wohl: „Die weltweit steigenden Rüstungsausgaben dürfen nicht die Mittel für Entwicklungshilfe beschränken.“ Das ist diplomatisch ausgedrückt. Denn wir alle wissen: sie tun es. Leider! Und auch das kritisieren wir!
 

[download] Stenographischer Bericht, rtf-Datei

 

 

15.11.2002
www.petra-pau.de

 

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