VertreterInnen-Versammlung, PDS-Landesverband Berlin

Berlin, 27. 04. 2002

Bewerbungs-Rede von Petra Pau (MdB), stellv. PDS-Vorsitzende

(1)

Ich bewerbe mich um den Listenplatz 1 der Berliner PDS. Zum zweiten Mal. Erstmals habt ihr mir 1995 zugetraut, die daran hängenden Erwartungen zu erfüllen. Damals ging es um die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus.
Wir hatten es geschafft, wir legten zu und wir zogen erstmals an den Grünen vorbei.
Meine Bundestags-Kandidatur 1998 - ihr erinnert euch - war unplanmäßig. Sie war dennoch dank kräftiger Hilfe durch engagierte Genossinnen und Genossen erfolgreich.

Nun bin ich mit aller Kraft und mehr Erfahrung bereit, mit Euch bis zur Wahl am 22. September zu kämpfen. Und ich sage Euch: Es wird nicht leicht! Aber wir können es schaffen.

(2)

Die drei zentralen Themen der PDS sind gesetzt. Stefan ist vorhin darauf eingegangen. Ich will daher nur ein aktuelles Beispiel hinzu fügen.

Gelegentlich heiß es ja: Fussball sei Kopfarbeit.
Ihr wisst: Effenberg von Bayern München hat seinen Kopf bemüht und dem "Play-Boy" sinngemäß gesagt: Arbeitslose seien selbst Schuld und Sozialhilfe-Empfänger Schmarotzer. Dafür bekam er vom Bayern-Trainer die rote Karte.
Ich frage Euch: Warum eigentlich? Was hat Effenberg anderes gesagt, als CDU/CSU-Politiker - wie Stoiber & Koch - land-auf land-ab sagen?

Deshalb: Die rote Karte für Effenberg ist mir Wurscht. Wichtiger bleibt die rote Karte für Stoiber & Co., nicht irgendwann, sondern zur Bundestags-Wahl

(3)

Aber auch Schröder und die SPD-Spitze scheinen gefährlich von der Rolle zu sein.
Wir haben vorhin der Opfer des Amok-Laufes in Erfurt gedacht. Ein unglaubliches Unglück.
Und es war wirklich purer Zufall, dass ausgerechnet gestern im Bundestag eine Änderung des Waffengesetzes verhandelt und beschlossen wurde.
Ein Thema, dass mehr interessiert, als ihr vielleicht glaubt, aber ansonsten kaum Schlagzeilen prägt.

Anders gestern.
Bundes-Innenminister Schily brachte es schamlos fertig, vor diesem Hintergrund ins Kamera-Mikrofon zu sagen: Der Bundestag hat heute das Waffengesetz verschärft - nur die PDS war dagegen.

Wir hatten in der Sache sogar ein schärferes Gesetz vorgeschlagen. Denn wir wollten, dass auch der Besitz und Gebrauch von Schreckschusswaffen und Gaspistolen geregelt und der Zugang erschwert wird.
Eines allerdings wollten wir nicht. Nämlich ein grundgesetz-widriges Sonderrecht gegen Leute, die ein Sport- oder Jagdgewehr oder ähnliches besitzen.
Denn ihnen soll ohne Gefahr in Verzug und ohne richterliche Weisung die Privat-Sphäre genommen werden. Ihre Wohnung soll zu jeder Zeit und willkürlich durchsucht werden dürfen.

Es ist dieselbe Crux, die wir schon von den sogenannten Anti-Terror-Gesetzen kennen. Nicht die Ursachen von Gewalt, von Kriminalität werden bekämpft, sondern man stellt ganze Gruppen von Menschen unter Generalverdacht gestellt.

Deshalb wiederhole ich:
Wir dürfen das Sicherheits-Thema nicht den Hardlinern und die Bürgerrechte nicht anderen überlassen. Sie schützen nicht das Grundgesetz, sie es höhlen es aus.

Ihr kennt mein Credo:
Die PDS muss sich als moderne sozialistische Bürgerrechts-Partei beweisen. Was immer den gemeinsamen Kampf gegen Rechtsextremismus und Rassismus einschließt.
Wer sonst, liebe Sandra. Du wirst mit einstigen, sogenannten oder selbsternannten Bürgerrechtlern direkt konkurrieren: mit Wolfgang Thierse, mit Günter Nooke, mit Werner Schulz.
Wir werden mit ihnen konkurieren, ihre Parteien haben sie auf die Spitzenplätze gesetzt. Wir brauchen uns weder in der Bürgerrechtsfrage, noch in der sozialen Frage verstecken - im Gegenteil.

(4)

Roland Claus, Vorsitzender der  PDS-Bundestagsfraktion, gratuliert Petra Pau zum Listenplatz 1; Foto: Axel HildebrandtDennoch prophezeie ich:
Der Wahlkampf wird hart und noch ist nichts gewonnen.
Erschwerend kommt das Sachsen-Anhalt-Syndrom der SPD hinzu. Es ist einfach unglaublich, wie angeblich große Männer zu Kindereien neigen, wenn sie mit sich selbst nicht klar kommen.
 
Diese Woche war Bundestags-Woche. Und manchmal sagt das Drumherum mehr aus, als das Gesagte. Beide Male, als Roland Claus und als Wolfgang Gehrke zum Nah-Ost-Konflikt sprachen und unsere Friedens-Position erläuterten, beide Male verließen Kanzler Schröder und Außenminister Fischer demonstrativ den Plenar-Saal.
 
Aber auch draußen ging es ihnen kaum besser. Immer, wenn sie Gefahr liefen, auf PDS-Genossinnen und Genossen zu treffen, zogen sie einen weiten Umweg vor. Jedenfalls so weit, wie es die Gänge im Bundestag zu ließen.
Sie reden sich ernsthaft ein, die vermeintlich kleine PDS hätte ihnen, der ach so großen SPD, in Magdeburg ein Debakel bereitet.
Das ist einerseits Realitäts-Verlust pur, aber es ist auch Wahlkampf-Strategie. Offenbar glaubt die SPD nun seit 1990 zum dritten Mal, sie könnte ihr PDS-Problem durch Ignoranz lösen.
 
Das macht uns den Wahlkampf nicht leichter. Zumal dem einen oder anderen Sender mal die Stühle, mal die Courage und mal die Objektivität fehlen, um uns die gebührende Stimme zu geben.
Aber es macht unseren Wahlkampf wichtiger: Für Frieden, für soziale Gerechtigkeit und für eine moderne offene Gesellschaft.
Und denken wir daran: PDS-Stimmen aus der einzigen Ost-West-Stadt, Berliner PDS-Stimmen sind immer auch Signale für die Vollendung Einheit.
Genau dafür aber möchte ich gern und weiterhin mit Euch kämpfen. Deshalb bitte ich um Eure Zustimmung.
 

 

 

27.4.2002
www.petrapau.de

 

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