Rede auf der VertreterInnenversammlung im Wahlkreis 77 (Weißensee - Pankow - Prenzlauer Berg (West))

13. April 2002

Ein Blick zurück:

auf der VetreterInnenversammlung im Wahlkreis 77 am 12.4.02; Foto: Michael van der MeerHeute wird es Zeit einen Blick zurück und einige voraus zu wagen:
Im Juni 1998 demonstrierten rund 100.000 durch die Berliner Innenstadt. „Aufstehen für eine andere Republik“ hieß das Motto, das von der „Erfurter Initiative“ gesetzt wurde. Es ging vor der damaligen Bundestagswahl um einen Politikwechsel in Deutschland. Und viele hofften dabei auf Rot-Grün. Im Mittelpunkt dieser außerparlamentarischen Begehren stand der Wunsch, ja die Forderung nach mehr sozialer Gerechtigkeit, aber mit gutem Recht auch die Erwartung auf mehr Demokratie und mehr Bürgerrechte. Die PDS war Bestandteil dieser Bewegung und versprach diese Anliegen auch von der Straße in den 14. Bundestag zu tragen.
Wir zogen in Fraktionsstärke ein und gewannen gemeinsam 4 Wahlkreise, die im neuen Wahlkreis, im 77er vertretenen Ortsteile, waren dabei.
 

Nun wird allseits resümiert. „Vier Jahre Regierung unter sozialdemokratischer Führung haben sich für die Menschen in Deutschland gelohnt. Unser Land ist wirtschaftlich robuster, moderner, sozial gerechter und weltoffener geworden.“ Das schrieb Bundeskanzler Schröder jüngst seinen SPD-Mitgliedern ins Stammbuch. Ob sie es glauben? Ich weiß es nicht.

Wir sind gut beraten nach der Bilanz der vier Jahre, zu erklären wofür die PDS steht und wen und was man mit dem Kreuz bei den Direktkandidatinnen und Direktkandidaten der PDS und der Liste drei am 22.September wählt.

Krieg - Frieden:

a) Der Rostocker Parteitag hat die PDS-Position bekräftigt:
„Kein Krieg. Nirgendwo!“
Am selben Wochenende hat BüGrü ein neues Partei-Programm beschlossen. Darin gilt Krieg nunmehr als legitimes Mittel. Vor dem Hintergrund aktueller Kriege und vor dem Hintergrund neuer Atom-Pläne der USA frage ich: Was ist nur aus den Grünen geworden?!

Und ich finde:Nun ist es noch wichtiger, dass die PDS stark bleibt und stärker wird, der PDS wegen und für eine neue Friedensbewegung. Denn ohne PDS wäre die Friedensbewegung im Bundestag sprachlos und ohne Friedensbewegung wäre die PDS im Bundestag kraftlos.

b) Die Opposition zur Rechten kritisiert, wie die Regierung Krieg führt. Die Opposition zur Linken kritisiert, dass Rot-Grün Krieg führt. Das ist der kleine Unterschied, grundsätzlich und im Detail.
Beispiel: Militär-Airbusse
CDU/CSU monierten, dass Scharping ein Milliarden-Programm am Parlament vorbei lancieren wollte. Das kritisierten wir auch. Denn noch obliegt dem Parlament die Haushalts-Hoheit. Wir sagen aber weitergehend: Nicht nur das WIE läuft falsch, auch das WAS ist falsch.

Denn: Promille für die 3.-Welt und Protzen beim Rüstungs-Geld, das hat weder etwas mit Lehren aus dem 11. September, noch mit Lehren aus der Geschichte zu tun. Das ist rückwärts-gewandt und kreuz-gefährlich obendrein. Wir kritisieren, dass Krieg geführt wird, beim Airbus, in der Debatte um die Wehrpflicht und überhaupt, die anderen maximal wie der Krieg geführt wird.

Arbeitslosigkeit & Osten:

a) Viermillionen Zweihundertsechsundneunzigtausend offiziell registrierte Arbeitslose, das war das amtlich zugegebene Ergebnis im Februar 2002.
Vergangene Woche stellte der neue Chef der Bundesanstalt für Arbeit die aktuellen Zahlen vor, Menschen sind offiziell arbeitslos. Zugleich wurde über nahezu alle Medien eine Debatte über Mängel bei der Vermittlung und in der Statistik des Bundesamtes für Arbeit entfacht.

Eine Reform der Bundesanstalt für Arbeit tut Not, allerdings für die Betroffenen und nicht gegen Arbeitslose. Alle Ideen, Arbeitslosen-Gelder zu streichen oder andere Zwangselemente einzuführen, gehen am Problem massenhaft fehlender Arbeitsplätze vorbei.

Zudem ist es ablenkender Aktionismus, das Arbeits-Amt und nicht die Arbeits-Losigkeit ins Visier zu nehmen. Auch das trübe Wetter von heute wird nicht schöner, weil der Wetterbericht gestern in Farbe gesendet wurde.

Für uns sind über 4-Millionen offiziell registrierte Arbeitslose keine manipulierbare Statistik. Sie sind auch keine simple Vermittlungs-Frage. br>Sie sind Ausdruck eines gesellschaftlichen Übels.

Und vor allem: Es sind Menschen, ausgegrenzt, um Rechte beraubt, um Chancen betrogen. Hinzu kommen Millionen Familien-Angehörige, Eltern, Großeltern. Und was noch schlimmer ist: 2 Millionen Kinder leben im reichen Deutschland in Armut. Ihre Zahl hat unter ‚Rot-Grün' nicht ab-, sondern zugenommen. Auch das schreit nach Veränderung!

b) Angesichts dieser Bilanz ist es schlicht Etiketten-Schwindel, wenn Generalsekretär Müntefering das Markenzeichen „soziale Gerechtigkeit“ für die SPD zurück reklamieren will.
Es ist aber noch verlogener, wenn sich ausgerechnet der Kandidat der CDU/CSU, also Stoiber, zum Rächer der Enterbten aufschwingt.
O-Ton Stoiber (Aschermittwoch): „Es ist der Mittelstand, der gerade im Osten eine Schlüsselfunktion hat..., dennoch hat Rot-Grün vor allem die Großunternehmen, die Kapitalgesellschaften, entlastet.“

Was stimmt und was auch wir ablehnen. So weit die Gemeinsamkeit und zugleich deren Ende. Denn es war und ist die CDU/CSU, die den Spitzensteuer-Satz noch weiter absenken will, und damit die Chancen, dem sozial-blinden Markt gegen zu steuern. Es waren CDU und CSU, die 16 Jahre lang regierend, eine gigantische Umverteilung von unten nach oben betrieben haben. Und es ist eine übergroße Koalition von CSU bis Grüne, die sich noch immer weigert, die ausgesetzte Vermögenssteuer in Kraft und eine Tobin-Steuer gegen pure Spekulationsgewinne neu zu setzen.

Die PDS will Beides. Denn noch immer gilt: Wer Armut bekämpfen will, muss Reichtum teilen.

c) Ich kenne grüne Politikerinnen, die wirklich sozial engagiert sind. (Bei der FDP ist mir das noch nicht untergekommen.) Aber es gibt auch Grüne, die eher Meister der Zynik sind. z. B. Werner Schulz, die Ost-Spitze von Bündnis 90/Die Grünen.

Er offenbarte jüngst seine Sicht auf die massenhafte Abwanderung junger Menschen aus den neuen in die alten Bundesländer. ’Das sei ein Beleg dafür’, so der einstige Bürgerrechtler, ’wie junge Leute heute von ihrer gewonnen Freiheit Gebrauch machen.’ Ich finde: Eine Partei, die das als Ost-Kompetenz preist, der fehlen schlicht ein paar IQ.

Innere oder öffentliche Sicherheit:

Mehr Demokratie und Bürgerrechte standen 1998 als Versprechen von Rot Grün im Raum. Zur Bilanz gehören eine „doppelte Staatsbürgerschaft“, die sog. „Homo-Ehe“, eine angekündigte, aber nicht wirklich gewollte „Volksgesetzgebung“ auf Bundesebene sowie noch das eine und andere mehr.

Prägend aber wird wohl Dreierlei sein:
Erstens ein Einwanderungs-Gesetz:
Es verrät die Schwarzschrift von CDU/CSU und hat folglich mit modernen, humanistischen und weltoffenen Ansprüchen fast nichts zu tun.
Zweitens ein NPD-Verbotsverfahren:
Es steckt in der Klemme und offenbart derzeit mehr über die Inkompetenz der Zuständigen, als über wirksame Strategien gegen Rechts.
Drittens die sogenannten Anti-Terror-Pakete:
Sie sind nicht nur „sogenannte“, sie haben tief in das Grundgesetz geschnitten und es ein weiteres Mal liberaler Grundsätze beraubt.

Kurzum: Aus linker, aus bürgerrechtlicher, aus libertärer Sicht ist die Bilanz fatal..

Die Bundes-SPD hat das zu verantworten. Und auch Bündnis 90/Die Grünen waren als Bürgerrechts-Partei ein Ausfall. Und deshalb sollten wir keinem Direktkandidaten der anderen Parteien das Etickett „Ex-Bürgerrechtler“ schenken.

Mich wiederum bestärkt dies in meiner grundsätzlichen Meinung bestärkt:
Die PDS muss sich weiter entwickeln. Zu einer modernen, sozialistischen Bürgerrechts-Partei. Mehr noch: Zu einer anerkannten und gefragten sozialistischen Bürgerrechts-Partei.

Persönliches und die Kandidatin

Fast auf den Tag genau wurde ich vor vier Jahren im Wahlkreis Prenzlauer Berg/ Mitte als Direktkandidatin nominiert. Wir haben dann in einer scheinbar aussichtslosen Situation unsere gemeinsamen Stärken in den Wahlkampf geworfen und gewonnen.
Sandra BrunnerNeben der bundesweiten Arbeit haben wir gemeinsam versucht den Bewohnern des Seniorenheimes in der Gürtelstraße genauso wie den unermütlichen Kämpfern um die Spreeinsel nicht nur Gehör, sondern auch Erfolg zu verschaffen.
Ich möchte mit Sandra Brunner gemeinsam in den Wahlkampf ziehen und unsere drei Kompetenzfelder: soziale Gerechtigkeit, Frieden und Osten an Frau und Mann bringen und unsere gemeinsame Stärke ausspielen: Wir können es packen und vor allem: wir sollten es anpacken, ab sofort und natürlich gemeinsam: Bundes-, Landes-, Bezirks-Politik und natürlich mit allen engagierten Genossinnen und Genossen der Basis! Und dies unter völlig neuen Bedingungen, als Regierungspartei in Berlin und anderswo und trotzdem oder gerade deshalb veränderungswillig!

Die Gegenkandidaten schreckten mich nicht und sollten auch uns heute nicht schrecken. Wolfgang Thierse darf sagen, der Osten steht auf der Kippe, sein Kanzler antwortet, dann fahre ich noch einmal vorbei, Günther Nooke schaffte es nicht einmal die CDU-Ost-Ministerpräsidenten gegen das Datschengesetz, welches Tausende um den Lohn ihrer jahrzehntelangen Bemühungen bringt, zu mobilisieren und und zu Werner Schulz ist alle gesagt.

Sandra kann und soll den Wahlkreis, der nicht Ost, nicht West ist, sondern einzigartig, gewinnen.

Die PDS ist die friedensbewegte Partei, die PDS ist ost-kompetent und zudem die Partei, die Ost und West noch immer ernsthaft einen will, nicht als Chef-Versprechen, sondern demokratisch, sozial und gerecht.
 

mehr zum Bundestagswahlkampf der Berliner PDS unter: www.pds-berlin.de

 

 

13.4.2002
www.petra-pau.de

 

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