Eine neue Friedensbewegung ist nötig

Gedenken an der Weltfriedensglocke anlässlich des UN-Weltfriedenstages und des 80. Jahrestages des Beginns des 2. Weltkrieges in Europa
Berlin-Friedrichshain, 21. September 2019, Rede Petra Pau

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Vor 80 Jahren überfiel Nazi-Deutschland Polen. Damit begann der 2. Weltkrieg, der über 50 Millionen Menschen das Leben kostete, unendlich viel Elend, Leid und Zerstörungen brachte.

Er endete mit der Kapitulation der Wehrmacht vor den Streitkräften der Alliierten am 8. Mai 1945, zumindest in Europa. Seither gilt dieses Datum vielen als Tag der Befreiung vom Faschismus.

Die Hauptlast am Sieg gegen den Faschismus trugen die Völker der Sowjetunion.
Aber auch das gehört zur Geschichte:

Unmittelbar bevor die Nazi-Wehrmacht in Polen einmarschierte, gab es den Nichtangriffspakt zwischen Deutschland und der Sowjetunion. Dieser Hitler-Stalin-Pakt war zugleich eine Vereinbarung über die beidseitige Aufteilung Polens.

Wenn von den Alliierten die Rede ist, dann zumeist von der Sowjetunion, den USA, Großbritannien und Frankreich. Aber zu den Alliierten gehörten auch polnische Streitkräfte. Anders gesagt. Polen waren die ersten Opfer der Nazi-Wehrmacht und Polen gehörten zu jenen, die Deutschland von der Nazi-Herrschaft befreiten.

Am 6. und 9. August 1945 warfen die USA Atombomben über Hiroshima und Nagasaki ab. Das war eine furchtbare Premiere. Daraufhin kapitulierte die Militärmacht Japan. Wenig später endete damit der 2. Weltkrieg auch in Asien.

Experten waren sich damals schon einig, dass es dazu dieser Atomwaffen nicht bedurft hätte. Ihr Einsatz war nicht militärisch, sondern machtpolitisch begründet. Ca. 100.000 Menschen wurden atomar sofort getötet, in den Folgejahren kamen etliche hunderttausende Opfer hinzu: Zivilisten, Männer, Frauen, Kinder.

Daran erinnern wir heute erneut an der Weltfriedensglocke. Sie ist eine Mahn- und Gedenkstätte, was Nachdenken einschließt.

Der Wettstreit, möglichst als erster in den Besitz von Atomwaffen zu kommen, hatte schon vor 1945 begonnen, zwischen Nazi-Deutschland, den USA und der Sowjetunion. Nach dem Ersteinsatz von Atombomben in Hiroshima und Nagasaki nahm er Fahrt auf, insbesondere zwischen den USA und der UdSSR.

Beide verfügten in den Folgejahren über nukleare Waffenarsenale, mit denen die Weltbevölkerung mehrfach vernichtet werden könnte. In den 1970er Jahre setzte sich daher die Erkenntnis durch, dass ein Atom-Krieg keine Sieger haben wird, sondern nur Verlierer. Wir alle! Das gilt mehr denn je.

Erste internationale Verträge wurden damals ausgehandelt, die das atomare Wettrüsten beenden sollten und die Verbreitung von Atomwaffen verboten. Maßgeblichen Anteil daran hatte auch die Friedensbewegung, die in den 1980er Jahren in der Bundesrepublik Deutschland (alt) ihre Hoch-Zeit hatte, aber auch in der DDR, insbesondere in Kirchenkreisen, wirksam wurde.

Hoffnung keimte auf, allemal nach dem Ende des Kalten Krieges 1990, der beiderseits lange als Begründung für atomare Rüstung galt. Doch die Hoffnung täuschte. Das östliche Militärbündnis, der Warschauer Vertrag, implodierte, das westliche Militärbündnis, die NATO, wurde indes aufgerüstet.
Warum, wozu, für und gegen wen?

Das Ende der 1990er Friedenshoffnungen wird aktuell immer deutlicher und bedrohlicher. Die USA kündigte jüngst einseitig einen Vertrag mit Russland, der Atomwaffen beiderseits beschränkte. Ebenso stiegen die USA aus einem Vertrag aus, mit dem Iran verpflichtet wurde, auf Atomrüstung zu verzichten.

Die atomare Gefahr ist also nicht gebannt, im Gegenteil. Zumal längst weitere Staaten über nukleare Waffen verfügen und sich mit atomarer Sprengkraft sicher wähnen, wider alle Vernunft.

Auch Deutschland ist nicht frei von diesem Wahn. Noch immer lagern auf deutschem Boden Atomwaffen der USA aus Zeiten des Kalten Krieges. Sie waren gegen die Sowjetunion in Stellung gebracht worden und werden nun von Russland als aktuelle Bedrohung empfunden. Zu Unrecht?

Das Berliner Abgeordnetenhaus und der Regierende Bürgermeister haben sich erst jüngst gegen jedwede Atomwaffen ausgesprochen. Damit haben die deutsche Hauptstadt und bislang rund 50 weitere deutsche Städte bzw. Landkreise zugleich die Bundesregierung aufgefordert, einschlägige internationale Konventionen, einschließlich der UNO zur atomaren Abrüstung zu unterzeichnen.

Zugleich erleben wir international eine neue Hochrüstungswelle, auch hierzulande. 2 Prozent des BIP sollen künftig für Militär und Waffen ausgegeben werden.
Das sind fast 40 Milliarden Euro mehr als bislang, jährlich, Tendenz steigend.

Die neue deutsche Militärministerin Kramp-Karrenbauer (CDU), gerade erst vereidigt, dem deutschen Volke zu dienen, hat diese irrsinnige Verpflichtung innerhalb der NATO umgehend bekräftig.

Für fast 40 Mrd. Euro jährlich könnte man übrigens
•  10.000 und mehr zusätzliche Pflegekräfte einstellen, außerdem
•  10.000 und mehr zusätzliche Polizistinnen und Polizisten sowie
•  10.000 und mehr zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer.

Zu alledem könnten noch
•  1.000 neue Schulen gebaut sowie
•  100 Theater oder noch mehr Jugendklubs gefördert werden.

Gesundheit, Sicherheit, Bildung und Kultur
statt Militär, Rüstung, Konflikte und Krieg -
wofür wir uns einsetzen sollten und mehr denn je müssen, dürfte klipp und klar sein!

Kurzum: Eine neue Friedensbewegung ist bitter nötig.
 
 

 

 

21.9.2019
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