Freiheit ist ohne Datenschutz nicht zu haben

DIE LINKE Berlin ruft auf zur Demonstration „Freiheit statt Angst“
Beitrag von Petra Pau in „BerlinInfo September 2010“

7. September 2010

Solche Geschichten schreibt das Leben. Es ging um eine Presseerklärung zum Datenschutz. Ein aktuelles Thema im „Sommer-Loch“, spätestens seit „Google street view“ angekündigt hatte, die bis ins Detail fotografierten Ansichten von 20 deutschen Großstädten im Internet zu veröffentlichen. Plötzlich begann ein medialer Wettlauf, welche Minister und welche Parteien die besseren Datenschützer seien. Immerhin!

Bundesinnenminister de Maizière (CDU) kündigte sogar einen „Gipfel“ an, bei dem Beteiligte und Betroffene ihre Argumente austauschen und wägen sollen. Das klingt klug, demokratisch und zupackend. Gleichwohl meldete ich Zweifel an. Wie gesagt: auch per Presseerklärung. Es war die falsche. Ich hatte eine alte vom 19. August 2008 verschickt statt der neuen vom 19. August 2010. Was wiederum zeigt: Die aktuelle Aufregung hat eine Vorgeschichte. Nur passiert ist seither nichts, zumindest nicht in der Politik. Im Herbst 2008 gipfelte es schon einmal, inszeniert vom damaligen Innenminister Schäuble (CDU). Es war ein folgenloses Hügelchen. Nach wie vor gibt es kein Datenschutzrecht, das dem 21. Jahrhundert gerecht wird. Die technischen Möglichkeiten zum Ausspähen von Bürgerinnen und Bürger laufen verbrieften Bürgerrechten davon. Und die Bundesregierung schaut hinterher.

„Kennen wir doch“, werden die einen sagen. „Internet ist ohnehin nicht mein Ding“, mögen sich andere beruhigen. Ich möchte auch diese Skeptiker gern auf- und anregen. Übrigens im besten programmatischen Sinne für Freiheit und Gerechtigkeit. Denn dies alles ist ohne Datenschutz nicht zu haben.

Dazu gibt es ein weitsichtiges Urteil des Bundesverfassungsgerichtes. Es warnt sinngemäß: Bürgerinnen und Bürger, die nicht mehr wissen oder nicht mehr wissen können, wer was über sie weiß, sind nicht mehr souverän. Eine Demokratie ohne Souveräne aber ist undenkbar. Das ist die Dimension, um die es geht. Eine Gefahr, die alle demokratischen Sozialisten aktivieren sollte.

Damals, im September 2008 fand noch etwas Nennenswertes statt. In Berlin demonstrierten erstmals über 50.000 Bürgerinnen und Bürger unter dem Motto „Freiheit statt Angst“ gegen die zunehmende Überwachung durch den Staat und durch Unternehmen. „Endlich formiert sich eine neue Bürgerrechtsbewegung“, befand ich damals. Aber CDU/CSU und die mitregierende SPD blieben stur.

Nun wird zum 11. September 2010 erneut zur Demo aufgerufen, europaweit, auch in Berlin. Ich werde selbstverständlich dabei sein. Nicht nur wegen „street view“, sondern auch gegen ELENA, Swift, die elektronische Gesundheits-Card, auch gegen „Hartz IV“, kurzum gegen alles, was Überwachung befördert und Demokratie schleift.
 

 

 

7.9.2010
www.petra-pau.de

 

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