Neue Regierung - aber auch eine neue Politik?

Petra Pau bewertet für SUPERillu die neue Koalition.
SUPERillu 45/2009; 29. Oktober 2009

Die gute Nachricht: Eigentlich müssten Linke und Grüne jubeln. Zumindest mit Blick auf das neue Bundeskabinett. Linke plädieren stets für lebenslanges Lernen, möglichst gebührenfrei. Und Grüne ließen gern Personal rotieren, damit niemand am Posten klebt. Ausgerechnet Schwarz-Gelb geht nun mit bestem Beispiel voran. Ex-Innenminister Schäuble lernt jetzt Kassewart. Wirtschaftsminister zu Guttenberg wird zum Militär gezogen. Sein Vorgänger Jung sorgt sich demnächst um Soziales. Und Ur-Bayer Ramsauer sollte auf Ossi studieren. Inzwischen wird der Aufbau-Ost wohl doch im Innenministerium erforscht, zuständig für Gefahren alle Art. Wie auch immer: Heute muss jeder möglichst alles können wollen. Fragen sie Langzeitarbeitslose. Die dürfen das schon lange müssen. Zwar nicht im Amt, aber von Amts wegen.

Die schlechte Nachricht: Beim Blick in den Koalitionsvertrag erstarren alle linken Lachmuskeln. Und bei der Suche nach der entscheidenden Frage hilft nicht mal Fielmann. Sie werden keine Antwort finden, wie die weltweite Krise bewältigt und wie die nächste verhindert werden soll. Im Gegenteil: Es wird weiter gehen, wie bisher, nur radikaler. Der Staat verschenkt Steuer-Euro, die er nicht hat und nicht will, nach Oben. Und er entlässt jene in den Regen, die keinen Rettungs-Schirm haben, also »die da Unten«. Soziales wird klein gerechnet, Bürgerrechte werden abgeschrieben und Solidarität wird in eine Bad-Bank ausgelagert.

Allein das, was als »soziale Zukunft« vereinbart wurde, etwa im Gesundheitswesen, ist ein Rückfall hinter Bismarcks Zeit, also ins 19. Jahrhundert. Jeder wird seines Unglücks Schmied, selbst schuld, dass die Gesellschaft ihn entlässt. Der damalige Reichskanzler trat übrigens die Flucht nach vorne an, aus Angst vor einer aufstrebenden Sozialdemokratie. Nun kann weiter zurück koaliert werden. Und die Spatzen pfeifen es längst von allen Dächern. Kommenden Mai wird in Nordrhein-Westfalen gewählt, dem bevölkerungsreichsten Bundesland. Bis dahin lässt keine Regierungs-Partei die Katze aus dem Sack, geschweige denn den Knüppel. Na klar, wahrscheinlich ist es Zufall. Aber immer mehr Warnschilder tragen Schwarz-Gelb, nicht nur bei atomaren Gefahren.
 

 

 

29.10.2009
www.petra-pau.de

 

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