Aktuelle Notiz: Nicht nur „Pro Reli“ verlor

von Petra Pau
Berlin, 26. April 2009

1. 

Heute sprach im Land Berlin das Wahlvolk. Die Initiative „Pro Reli“ hatte einen landesweiten Volksentscheid erwirkt und verloren. Die gewünschte Rolle rückwärts fiel aus. Das ist gut für die Bildung, für Berlin und für die Zukunft. Dabei hatte „Pro Reli“ nichts unversucht gelassen, eine Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner einzuheimsen. Von Unsummen Euro ist die Rede, deren Herkunft noch immer unklar ist.

2. 

Höchste Prominenz wurde aufgefahren. TV-Größen, Bischöfe, die Bundeskanzlerin, selbst der Papst intervenierte aus dem fernen Rom zugunsten „Pro Reli“. Werbespots bei privaten Rundfunk- und TV-Sendern wurden geordert und die Stadt mehrfach durchplakatiert. Wer öffentliche Widerworte wagte, fand sich schon mal vor Gericht wieder. Selbst die „Stasi“-Keule wurde aus dem heiligen Schrein geholt.

3. 

Das „8. Gebot“ erfuhr eine höchst freizügige Auslegung. Stattdessen suggeriert man, es gehe „Pro Reli“ um Freiheit. Ein „Ja“ sei eine „Frage der Ehre“, wurde gelockt. Oder gedroht, etwa: Wer für „Ethik“ stimme, riskiere Kommunismus und schlimmeres. Kalte Gottes-Krieger waren monatelang unterwegs. Nun hat der Kreuzzug ein Ende, hoffentlich. Denn das gesellschaftliche Klima in der Stadt wurde leichtfertig vergiftet.

4. 

Auf der einen Seite, für „Pro Reli“, agierten die großen christlichen Kirchen im Bündnis mit der CDU. Auf der anderen, „Pro Ethik“, standen humanistische Verbände und Gewerkschaften gemeinsam mit der SPD und der Linken. So etwas ist unproblematisch, so lange sich alles um Sachfragen dreht. Die Sachfrage aber, nämlich ob es weiterhin ein für alle verpflichtendes Fach „Ethik“ geben solle, wurde tunlichst vernebelt.

5. 

Zugleich wurde die Kontroverse „Pro Reli“ kontra „Pro Ethik“ zum Ost-West-Konflikt erhöht und so die mühsame Einheit der Stadt gefährdet. Der Berliner CDU ist derartiges jederzeit zuzutrauen. Auch deshalb dümpelt sie ja seit Jahren krisengeschüttelt vor sich hin. Die Kirchen indes sollten klüger sein. Allein ein Blick auf die soziale Frage zeigt, dass ganz andere Bündnisse auch in ihrem Sinne möglich sein müssten.

6. 

Parallel zum Finale fand übrigens eine Bundestagsdebatte ab. Darin lehnte die CDU/CSU erneut direkte Demokratie auf Bundesebene ab. So etwas sei nur ein Tummelplatz für Populisten und Demagogen, mahnte sie. In der Hauptstadt präsentierte sich die Landes-CDU genau so - vergebens. Die Bürgerinnen und Bürger widerlegten mithin erneut das immanente Unions-Argument, sie seien dümmer als die Polit-Profis.
 

 

 

26.4.2009
www.petra-pau.de

 

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