DIE LINKE wirkt!

Leitartikel von Petra Pau in „Clara“ 6/2007
30. November 2007

Es wächst, es boomt, es brummt. So hört man es allenthalben. Und schon streiten sich die großen Parteien, wer sich das kleine Wirtschaftswunder ans Revers heften darf. „Wir“, ruft die SPD. „Wir auch“, melden sich die Grünen. „Wir haben’s vollbracht“, trumpft die Union auf. Dabei wollen alle die bessere „Hartz IV“-Partei bleiben. Es gibt übrigens keinen einzigen Beleg dafür, dass „Hartz IV“ wirklich irgend etwas mit den wirtschaftlichen Steigerungsraten zu tun hat, die aktuell verzeichnet werden. Aber man tut so, um weiterhin zu rechtfertigen, was DIE LINKE immer für falsch gehalten hat. Die Philosophie von „Hartz IV“ unterstellt, dass alle Langzeitarbeitslosen faul und raffgierig seien. Deshalb müsse man sie zur Kasse bitten und ihnen Beine machen. Das ist zynisch. Und die Allianz der Zyniker steht ungebrochen, Seit an Seit, erst mit, nun ohne Franz Müntefering.

Aber Moment mal, könnten Sie denken: Streiten sich die großen Parteien nicht gerade darüber, wie man über 50-Jährigen länger das höhere Arbeitslosengeld I gewähren könne? Stimmt! Das haben wir übrigens immer gefordert. Und, so wenden Sie vielleicht ein, selbst die Grünen plädieren inzwischen für „Hartz IV“-Bezüge über 400 Euro. Auch richtig: Aber das wollte DIE LINKE schon, als Grüne noch tönten: „Mit 325 Euro kann man im Osten gut leben.“ Entscheidend ist: Alle diese kleinen und richtigen Korrekturen – wenn sie denn überhaupt kommen – entgiften „Hartz IV“ nicht. Ein besserer Weg wird übrigens derzeit im rot-rot regierten Berlin versucht. Ein öffentlich geförderter Beschäftigungssektor (ÖBS) soll dort bis zu zehntausend Erwerbslosen Arbeit in Würde bieten, sozialversichert und nicht befristet. Auch in meinem Wahlkreis leisten bereits die ersten „Öffentlichen“ gesellschaftlich wichtige Dienste, die ansonsten brachlägen. Arbeit, jenseits der Profit-Logik.

Ich erinnere mich übrigens noch gut, wie „Hartz IV“ beschlossen wurde. Ich war dabei und dagegen. Das war am 19. Dezember 2003, ein schwarzer Freitag. Das Gesetz hatte vordem den Bundestag passiert. Im Bundesrat wurde es auf Drängen der CDU/CSU gestoppt. Bundestag und Bundesrat beriefen den Vermittlungsausschuss ein. Union und SPD feilschten. Heraus kamen über 600 Seiten verschärfter Gesetzestext. Er wurde dann den Abgeordneten in aller Frühe zugestellt. Gesine Lötzsch und ich waren damals für die Linke allein im Bundestag. Wir baten um Aufschub. Denn nicht nur wir, keine Abgeordnete und kein Abgeordneter konnte je gelesen, geschweige denn verstanden haben, wofür sie gleich die Hand heben sollten. Wir opponierten vergebens. Die SPD lehnte unseren Antrag ab. Ein CSU-Abgeordneter beschimpfte uns gar als „gottlose Gesellen“. Er sorgte sich schlicht um seinen nahenden Weihnachtsurlaub.

Es wächst, es boomt, es brummt? Ja! Noch nie gab es in der Bundesrepublik Deutschland so viel Kinderarmut wie heute. Und noch nie gab es so viele Sozialbestattungen wie derzeit. Für immer mehr Menschen reicht das wenige Geld weder zum Leben noch zum Sterben. Zugleich steigen die Preise: für Butter und Brot, für Heizung und Benzin, für Bahn und Bus. Witzbolde kolportieren, an allem seien die Chinesen schuld. Zum Beispiel, weil sie unsere Milchmärkte leerkauften. Ich war jüngst im „Reich der Mitte“. Chinas Kühe produzieren einen Milch-Überschuss.

Zurück nach Deutschland: Erleben wir inzwischen tatsächlich einen sozialen Wettlauf zwischen einer gewandelten Union und einer geläuterten SPD? Manche Kommentatoren behaupten das. Die Antwort ist viel simpler: Es stehen Wahlen vor der Tür. Und DIE LINKE wirkt!
 

 

 

3.12.2007
www.petra-pau.de

 

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