Bundestag:

Im Schatten der Päpste

Der Bundestag geht seinen Gang
landesinfo
Herausgegeben von der PDS Berlin
Ausgabe Mai 2005, Seite 3

Tagelang beherrschte der Vatikan die Medien. Eine Sondersendung überholte die vorige, eine Schlagzeile schlug die andere. Große Ereignisse, große Gefühle, große Worte. Johannes Paul II. war ein Mann des Friedens und ein Papst der Armen. So war es zu hören, wieder und wieder. Die ganze Welt umarmte sich. Politiker aller Kontinente pilgerten gen Rom. „Ich bin glücklich, seid ihr es auch“, soll der Papst zum Abschied gesagt haben.

Zur selben Zeit diskutierten wir im Bundestag den Abrüstungsbericht der Regierung. Mein Fazit: Die internationale Abrüstung stockt, allemal die nukleare. Die USA haben eine neue Rüstungswelle ausgelöst. Andere Atommächte folgen. Und auf deutschem Boden lauern noch immer zahlreiche Nuklearwaffen der USA auf ihren Einsatz. Sie haben den „Papst des Friedens“ überlebt. Deshalb habe ich gefordert, sie bis zum 60. Jahrestag der „Hiroschima-Bomben“ zu vernichten.

Kinderarmut soll bekämpft und Kinderrechte sollen gestärkt werden. Dies war ein weiteres Thema im Bundestag, das im Schatten des Vatikans verblasste. Dabei nimmt die Kinderarmut, selbst in Deutschland, stetig zu. „Hartz IV“, die so genannte Gesundheitsreform, die ganze „Agenda 2010“ der rot-grünen Bundesregierung forcieren den Trend. Er grassiert im Alltag, weltweit noch schlimmer, dem „Papst der Armen“ trotzend.

Zuweilen gab es auch andere Nachrufe auf Papst Johannes Paul II. Eugen Drewermann kritisierte, natürlich. Die Kirche von unten monierte, na klar. Sie alle beklagten Dogmen und sie forderten mehr Mitsprache. Das wiederum fand in der „Ökumene Bundestag“ wenig Anklang. Noch einmal hatte die FDP eine Volksabstimmung zur EU-Verfassung beantragt – eine uralte Forderung der PDS. SPD, Grüne, CDU und CSU fanden das unisono sogar „sehr sympathisch“. Und sie sagten ebenso päpstlich Nein.

Bleibt eine Berliner Posse. Gregor Gysi wolle eine Straße nach Johannes Paul II. benennen. Das freute den „Kurier“. Die Kleingeister der CDU schlugen flugs zu und erst die Karl-Marx-Allee, dann den Bebelplatz vor. Ich habe natürlich einen anderen Vorschlag, nämlich die „Spanische Allee“ in Zehlendorf. Der Name heroisiert noch immer die „Legion Condor“, die 1939 dort heimkehrte. Zuvor hatte sie im spanischen Bürgerkrieg den faschistischen Diktator Franco an die Macht gebombt.

Inzwischen gab es weißen Rauch und einen neuen Papst. „Ich bin kritisch, seid ihr es auch!“ Nein, genau diese Botschaft hat Benedikt XVI. nicht gesagt. Das wäre auch zu viel des Guten.

Petra Pau
Mitglied des Bundestages
 

 

 

Mai 2005
www.petra-pau.de

 

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