Bundestag:

PDS im Bundestag – mehr als 3 Promille

landesinfo
Herausgegeben von der PDS Berlin
Ausgabe Februar 2004, Seite 3

Es kam wie erwartet. In den späten Abendstunden wurden im Bundestag unsere Anträge auf Gruppenstatus und auf gleiche Arbeitsbedingungen abgelehnt. Selbst die Vorzeige-Demokraten der Grünen hoben brav die Hand. Zur Begründung hieß es: Würden wir zwei PDS-Frauen wie eine Gruppe behandelt, könnte der Parlamentarismus insgesamt Schaden nehmen. Außerdem seien Fraktionen das Maß der Dinge und nicht einzelne Abgeordnete. Natürlich sind diese Argumente höchst fragwürdig. Schlimmer wiegt: Wenn es Abgeordnete zweiter Klasse gibt, dann muss es logischerweise auch Wähler niederen Ranges geben. Das ist der eigentliche Punkt der Auseinandersetzung, den wir seit 15 Monaten führen. Tisch und Telefon sind wichtig. Aber sie sind Beiwerk, jedenfalls gemessen an den Rechten und Ressourcen, die uns vorenthalten werden.

Kürzlich wurde das Unwort des Jahres 2003 gekürt. Es heißt: „Tätervolk“.

Ich begrüße die Wahl ausdrücklich, obwohl ich ein anderes Wort vorgeschlagen hatte, nämlich „Reform“. Reform kommt vom lateinischen „reformare“ und bedeutet ursprünglich „verbessern“ oder „zurückgeben“. Neudeutsch umschreibt es „verschlechtern“ oder „wegnehmen“. Kein Wort, so meine Begründung zum Unwort des Jahres, wurde 2003 so inflationär und zugleich widersinnig gebraucht: Streunt die Bundeswehr durch die Welt, dann ist das eine Reform der Friedenspolitik. Werden Renten gekappt, so spricht man von einer Reform der Sozialpolitik. Weht ein Darmwind des Kanzlers, so gilt das als Klima-Reform.

Am Abend nach Plenarsitzungen zappe ich oft durch die Sender. Ich will wissen, was berichtet wird und folglich wahrzunehmen ist. Häufig wird gemeldet: »Die Koalition hat dieses und jenes getan. Die Opposition übte harsche Kritik, da das Ganze nicht weit genug gehe.« Die Opposition? Bei allen großen Themen des vergangenen Jahres gab es eine übergroße Ja-Sager-Koalition. Sie reicht von den Grünen bis zur CSU. Das war bei der Gesundheits-»Reform« so, das galt bei der „Agenda 2010“ und das trifft immer zu, wenn es um Auslandseinsätze der Bundeswehr geht. Opponiert und dagegen gehalten haben nur wir, die PDS im Bundestag – nicht aus Prinzip, sondern aus Überzeugung, weil es Alternativen gibt, bessere.

Gewiss: Rein rechnerisch sind wir nur 3 Promille aller Abgeordneten. Zugleich vertreten wir aber oft als Einzige das, was eine Mehrheit in der Bevölkerung meint. Möglicherweise ist auch das ein Motiv, uns den Gruppenstatus zu verwehren.
 

Petra Pau
Mitglied des Bundestages
 

 

 

16.2.2004
www.petra-pau.de

 

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